Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur
Seite - 58 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 58 - in Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur

Bild der Seite - 58 -

Bild der Seite - 58 - in Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur

Text der Seite - 58 -

Matthias Müller 58 graph André Félibien in seiner 1663 verfassten Beschreibung eines Porträts Ludwigs des  XIV. von Frankreich formuliert: Demnach hätte das Herrscherbildnis kein Indivi- duum, sondern einen Idealtypus herrschaftlicher Majestät zu zeigen und sei es die Auf- gabe der Kunst, die an sich nicht sichtbare Aura des Herrschers mit den Mitteln einer den Bildsinn durchaus rätselhaft verschleiernden Allegorisierung zur Darstellung zu bringen.28 Bei dem Porträt  – einem Reiterbildnis  – des französischen Königs handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit um ein Gemälde von Charles Le Brun, das heute allerdings nicht mehr existiert, sondern nur noch in einer Kopie von Pierre Mignard von ca.  1692 (Abb.  14) überliefert ist.29 Diesem Reiterbildnis möchte ich zur Veranschaulichung das wohl berühmteste Bildnis Ludwigs  XIV. zur Seite stellen, jenes von Hyacinthe Rigaud 1701 geschaffene Ganzfigurenporträt (Abb.  15), mit dem Rigaud die Gattung des »Por- trait historie« begründete, d.  h. des allegorisch aufgeladenen und Elemente des Histo- rienbildes adaptierenden Herrscherbildes.30 Beide Porträts offenbaren die von Félibien beschriebene Herausforderung für die Künstler, nämlich die Bewältigung des Parado- xons einer Darstellung von etwas Nichtdarstellbarem. Konkret bedeutet dies für den Maler oder Bildhauer, den überindividuellen majestätischen Glanz, der letztlich einen Spiegel der göttlichen Allgewalt bildet, in der Abbildung eines individuellen, sterbli- chen Körpers darzustellen. Félibien verwendet für diesen Vorgang immer wieder das Verb »représenter«, dessen Semantik im Französischen weiter gefasst ist als im Deut- schen und zwischen »darstellen« und »verkörpern« changiert, verbunden mit allen Implikationen juristisch-politischer wie logisch-erkenntnistheoretischer Fragestellun- gen.31 Deutlich wird aber durch Félibiens Text das Grundproblem der angemessenen Deutung der Identität des Fürsten oder Herrschers: Dieser ist zwar als Individuum mit physischem Körper vorhanden, zugleich und eigentlich aber als etwas Anderes, über die individuelle, körperhafte Erscheinung hinausweisendes Transzendentes zu denken, dem der individuelle Körper des Herrschers lediglich einen sinnlich wahrnehmbaren Ausdruck verleiht. In der Realität des Zeremoniells bedarf dieser Körper daher der Aus- staffierung mit zeichenhafter, die Augen beeindruckender Kleidung und Insignien, um die transpersonale, transzendente Dimension, d.  h. das dem König anhaftende ›Andere‹ zu veranschaulichen, während im Herrscherporträt zusätzlich die Hinzufügung von al- legorischen Darstellungen  – nicht zuletzt in Form von Tugendpersonifikationen  – die Evidenz zu erzeugen hat. 28 Félibien 1671. 29 Siehe hierzu Berger 2009. Siehe auch Kirchner 2001. 30 Zu diesem Staatsporträt siehe die grundlegende Dissertation von Ahrens 1990. Siehe darüber hinaus auch die philosophisch-semiotische Studie von Louis Marin (Marin 2005), die allerdings  – ungeachtet des ausgesprochen anregenden und das Medium des Bildes mit Vehemenz als historischen ›Akteur‹ und damit auch als ›Quelle‹ für den geschichtswissenschaftlichen Diskurs einfordernden Ansatzes  – in ihren historischen Prämissen nicht restlos zu überzeugen vermag. 31 Siehe hierzu Baader 1999, S.  360.
zurück zum  Buch Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur"
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa Hof – Oper – Architektur
Titel
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Untertitel
Hof – Oper – Architektur
Autoren
Margret Scharrer
Heiko Laß
Herausgeber
Matthias Müller
Verlag
Heidelberg University Publishing
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-947732-36-4
Abmessungen
19.3 x 26.0 cm
Seiten
618
Schlagwörter
Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
Kategorie
Kunst und Kultur
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa