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THEATER ALS MEDIUM HÖFISCHER KOMMUNIKATION:
DAS SINGSPIEL DIE UNVERÄNDERTE TREUE EHEGATTIN
PENELOPE AM GOTHAER HOF 1690
Roswitha Jacobsen
Am 15. Juli 1690 begeht der regierende Herzog Friedrich I. von Sachsen-Gotha-Alten-
burg (1646–1691) seinen 44. Geburtstag. Im Rahmen des anlässlich dieses Ereignisses
stattfindenden Festes wird auf Schloss Friedenstein das Singspiel Die unveränderte treue
Ehegattin Penelope aufgeführt. Es ist die letzte von drei »Opern« mit mythologischem
Sujet am Hof Friedrichs
I. Im Jahr darauf verstirbt der Herzog unerwartet. Seine Witwe,
Herzogin Christina, bezieht ihren Witwensitz in Altenburg; sein Sohn und Regierungs-
nachfolger Friedrich ist gerade erst 15 Jahre alt geworden und wird von der vormund-
schaftlich eingesetzten Regierung zur Vervollkommnung seiner Ausbildung zunächst
auf Reisen geschickt. Den Umständen geschuldet steht die Gothaer Penelope am Ende
einer nur acht Jahre währenden ersten Phase eines Operntheaters am Gothaer Hof,
bevor es nach Friedrichs II. Regierungsantritt zu einem kurzen Neuansatz kommt, der
indes bald wieder abbricht.
Herzog Friedrichs Bemühungen um das Theater in seiner Residenz stehen im Kontext
seines machtpolitischen Anspruchs. Nach der Übernahme aller Regierungsgeschäfte
1675 beginnt er, Ambitionen zu entwickeln und mit geeigneten Maßnahmen voranzu-
treiben, die weit über die Intentionen des »hausväterlichen« Regiments des Liniengrün-
ders Herzog Ernst hinausgehen.1 Im Ergebnis seiner Erfahrungen mit der durch Ernsts
Testament verursachten Aufteilung des Landes unter die sieben Söhne und die damit
einhergehenden Erbstreitigkeiten führt er die Primogenitur für seinen Landesteil ein,
betreibt diverse Allianzprojekte,2 baut das Netz von Korrespondenten und Gesandten aus
und schafft ein Heer in beträchtlicher Stärke, das es ihm ermöglicht, seinen Interessen
Nachdruck zu verleihen. Vor allem vermöge seiner Militärpolitik versucht er die Rolle
Sachsen-Gothas im wettinischen Gesamthaus, doch darüber hinaus auch im Alten Reich
auszuweiten. Insbesondere ist der Anspruch auf die Führungsposition unübersehbar,
die Sachsen-Gotha unter den ernestinischen Staaten anstrebt.3
Vor dem Hintergrund eines ambitionierten innen- wie außenpolitischen Machtstre-
bens muss auch der Ausbau der übrigen Institutionen des Fürstenstaates gesehen wer-
den, nicht zuletzt der des Hofes, der ja die Aufgabe hat, die Repräsentation des Herrschers
1 Zum Begriff des »hausväterlichen Hofes« vgl. Bauer 1993, S.
66–70 u.
ö.
2 Vgl. Jacobsen 2013.
3 Vgl. Vötsch 2003; Facius 1932–1933, bes. S. 25–33.
Veröffentlicht in: Margret Scharrer, Heiko Laß, Matthias Müller: Musiktheater im höfischen
Raum des frühneuzeitlichen Europa. Heidelberg: Heidelberg University Publishing, 2019.
DOI: https://doi.org/10.17885/heiup.469
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Titel
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Untertitel
- Hof – Oper – Architektur
- Autoren
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Herausgeber
- Matthias Müller
- Verlag
- Heidelberg University Publishing
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Abmessungen
- 19.3 x 26.0 cm
- Seiten
- 618
- Schlagwörter
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Kategorie
- Kunst und Kultur