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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur
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Roswitha Jacobsen 74 text29 als solcher nicht analysieren. Dass er sich aber vom Aufführungstext der Wiener Aufführung gravierend unterschieden haben wird, dürfte außer Frage stehen. Aus all diesen Gründen ist das Singspiel Die unveränderte treue Ehegattin Penelope, das den ins Medium der deutschen Sprache transformierten italienischen Text eines Li- brettos vom Kaiserhof adaptiert, als eigenständige musikalisch-dramatische Produktion des Gothaer Hofes anzusehen. Als eben solche präsentiert es sich auf dem Titelblatt des Textbuches. Der Code des ›amour passion‹ als semantisches Zentrum des Penelope-Singspiels Das Penelope-Singspiel steht in einer Reihe musikalisch-theatralischer Produktionen, mit denen das Gothaer Hoftheater den Anschluss an das europäische Operntheater zu finden bestrebt ist. Im Unterschied etwa zu der Gothaer Proserpina von 168330 und der Diana von 168731 scheint das Stück indes nicht als Instrument der fiktionalen Bewälti- gung bzw. deutenden Vergegenwärtigung virulenter Interessen und Problemlagen im Umkreis des Gothaer Hofes funktionalisierbar gewesen zu sein. Vorgegeben durch das adaptierte Wiener Libretto löst sich die Gothaer Penelope weitgehend von aktuellen Be- züglichkeiten ihres Aufführungskontextes bzw. reduziert diese auf die Feier des Fürsten und seines Hauses. Die Spielhandlung selbst aber ist davon weitgehend unabhängig. Sie schließt sich ihrem semantischen Gehalt nach vor allem an den zeitgenössischen Liebesdiskurs an, der unter anderem in der Oper einen bevorzugten Ort hat und an der Ausdifferenzierung des Codes des amour passion beteiligt ist.32 Die Liebesthematik, in der sich der Code des amour passion manifestiert, bestimmt die Singspielhandlung und verdrängt alle anderen im Stoff angelegten thematischen Möglichkeiten, insbesondere den Macht-Recht-Diskurs, der für die Bewertung von Odysseus als bewunderungswürdige Heldenfigur bei Homer entscheidend ist. Das Sing- spiel nimmt gerade hier eine gravierende Akzentverschiebung gegenüber dem antiken Prätext vor: Das Handeln nahezu aller Figuren des Stückes, darunter auch des Odysseus selbst, ist so gut wie ausschließlich durch »Liebe« bestimmt oder genauer: durch ein auf 29 Damit ist die Aufführung als plurimediales Ereignis gemeint. 30 Vgl. Anm. 6. 31 Der Text diskutiert z.  B. den Nutzen der Jagd, der die Gothaer Herzöge wie viele ihrer Standesgenossen frönen. 32 Mit Luhmann wird hier Liebe nicht als Gefühl verstanden, sondern als »symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium«, das einen spezifischen, historisch variablen Code hervorbringt, nach des- sen Regeln Gefühle ausgedrückt, dargestellt und auch erst gebildet werden. ›Passion‹ ist Luhmann zu- folge »(d)as Leitsymbol, das die Themenstruktur des Mediums Liebe organisiert«; es drücke aus, »daß man etwas erleidet, woran man nichts ändern und wofür man keine Rechenschaft geben kann.« Vgl. Luhmann 1994, hier insbes. S.  9, 30–31.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa Hof – Oper – Architektur
Titel
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Untertitel
Hof – Oper – Architektur
Autoren
Margret Scharrer
Heiko Laß
Herausgeber
Matthias Müller
Verlag
Heidelberg University Publishing
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-947732-36-4
Abmessungen
19.3 x 26.0 cm
Seiten
618
Schlagwörter
Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
Kategorie
Kunst und Kultur
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