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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur
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Hans Lange 124 »magnifico …  y muy dorado«.25 Der ambivalente Charakter eines sozialen Ortes, an dem der Hof, separiert und geschützt, in seinem Palast zuweilen dem Madrider Pub- likum der corrales begegnete, verbot eine offenes Sitzen des Souveräns direkt vor der Bühne, der gleichwohl zu rein höfischen Aufführungen solche Plätze bevorzugte,26 wie in den exklusiveren Festräumen der italienischen Höfe. Insofern ist der Balcon des Co- liseo durch seine axiale Position im Scheitel als privilegierte Inkognitologe im Vorfeld des Jahrzehnte später entstehenden offiziellen palco del principe im Zentrum einer nach Rangordnung sitzenden Hofgesellschaft zu klassifizieren. Seine erste mit einem ephemeren Apparat gesteigerte Installierung in der Mitte der Rangkurve über dem Eingang verdankt sich der abgedankten schwedischen Königin Christina, die sich im ersten römischen Logentheater, dem von Papst Clemens  IX. lizen- sierten Teatro Tordinona von Carlo Fontana, 1671 die fünf mittleren Logen des 2. Rangs als »sontuoso palchetto« einrichten und mit »straordinaria magnificentia« unter einer Bügelkrone als Baldachin drapieren ließ.27 Das von ihrem Sekretär Giacomo dʼ Alibert als Unternehmer geführte teatro pubblico, in das sich Christina gegen eine jährlich zu erneuernde Gebühr einmietete, bot Standespersonen sowohl in offenen wie in dem Ein- blick entzogenen Inkognitologen Platz. Auf dieses sozial wenig homogene Publikum waren die innovativen Repräsentationsstrategien der konvertierten Monarchin kalku- liert, die mit der Abdankung auch ihren Hof verloren hatte. Gerade im Konfessions- wechsel versuchte sie ihre sakrale Majestät, die ihr durch Salbung und Krönung unver- lierbar zugewachsen war, nach der schon vorher erwogenen Resignation demonstrativ zu behaupten.28. So wurde ihr, als »sacra  [!] Real Maestà della Regina di Svetia«, die Eröffnungsoper Scipione Affricano gewidmet29, mit einem Titel also, den kein anderer principe in Italien beanspruchen konnte. Auf der Schnittstelle ihrer Biographie zwischen der lutherischen Kirchenvorstellung des Nordens, mit der sie aufgewachsen war, und der gegenreformatorischen Eucharis- tieverehrung der römisch-katholischen Kirche, zu der sie übertrat, entstand eine neue Form des herrscherlichen Ehrensitzes, der Motive aus beiden Traditionen amalgamierte.30 25 DʼAulnoy 1986, S.  278 u. 270. 26 Diez Borque 1996, S.  175 »esta comunicación corte  – pueblo, pero también con representaciones pri- vadas para la realeza y sus cortesanos  – daria el tono de la vida teatral del Coliseo.« Aber: »los apo- sentos  […] esten con sus celosias, pues estando Sus Magestades abajo, no puede estar sin celosia nin- guno  […].« Zit. n. Flórez Asensio 1998, S.  181 Anm. 29; Vgl. McKendrick 1989, S.  220. 27 Anonimo 1979, S.  59–60; Cametti 1938, Bd.  1, S.  61  f.: »… il primo esempio del palco reale nei nostri  [d.  i. italienischen] teatri«(S.  62); Bjurström 1966, S.  59, 88–112; Rotondi 1987, S.  11–12, hier: Anm. 20; Rotondi 2006, S.  151–152; Spicola 2009; Biermann 2012, S.  184–185. 28 Biermann 2012, S.  56–57, 210–211. 29 Bjurström 1966, S.  101. 30 Die von mir in einem unpublizierten Vortrag seit 1981 in Florenz, Stuttgart, Wien und zuletzt München (2003) diskutierte These greift Biermann 2012, S.  171–179 im Kontext der spezifischen Repräsentations- strategien Christinas von Schweden auf. Dazu Lange 2020; vgl. Tamburini 1997, S.  107–110.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa Hof – Oper – Architektur
Titel
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Untertitel
Hof – Oper – Architektur
Autoren
Margret Scharrer
Heiko Laß
Herausgeber
Matthias Müller
Verlag
Heidelberg University Publishing
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-947732-36-4
Abmessungen
19.3 x 26.0 cm
Seiten
618
Schlagwörter
Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
Kategorie
Kunst und Kultur
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