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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur
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Hans Lange 130 Hofkirchen im Reich verbreitete,47 konditionierte den langwierigen Prozess, der erst im späteren 18.  Jahrhundert den allmählich durchgesetzten Rückzug der fürstlichen Souveräne aus dem Parterre zur Folge hatte und gerade bei den politisch potenten Mo- narchen noch lange auf erhebliche Widerstände stieß. Export durch Spezialisten – das teatro all’italiana der Vigarani, Mauro und Galli-Bibiena Eine nicht geringe Rolle spielte dabei die soziale Normierung in der in der immer noch italienisch dominierten Architekturtheorie zum Theaterbau, vor allem durch Nicola Sab- battinis und Fabrizio Carini Mottas Traktate von 1637 bzw 1676. Sabbattini fixiert den »luogo per il Prencipe  […] più vicino che sia possibile al Punto della distanza, e  […] tanto alto dal piano della Sala, che stando a sedere, la vista sia nel medesimo piano del Punto del concorso, che cosi tutte le cose segnate nella Scena appariranno meglio, che in alcun altro luogo«.48 Sabbattinis rational wissenschaftliche Begründung kollidierte mit dem his- torisch sehr viel älteren Kriterium, dass dem sitzenden bzw. thronenden Herrscher nicht nur selbst ein möglichst unbeschränktes Blickfeld zustehe, sondern dass er in dieser Hal- tung von Amts wegen von allen anderen gebührend gesehen werden solle.49 Der eher rhetorische topos von den Augen des Fürsten im Distanzpunkt des zentralperspektivisch fluchtenden Bühnenbildes, als Auftraggeber und einziger idealer Adressat der barocken Illusionsbühne, wurde in dem Moment problematisch, als die repräsentative Inszenierung eines im Theater  – und eigentlich nur dort  – absolut vorgestellten Herrschers mit jeweils unterschiedlich definierten Öffentlichkeiten  – exklusiv höfisch oder aber ständisch er- weitert  – räumlich zurechtkommen musste. Die subjektive Wahrnehmung des sich in seiner absoluten Prärogative im Theater erlebenden Fürsten sah sich in der Praxis dem Dilemma konfrontiert, dass er nicht zum einzigen idealen Zuschauer degradiert werden durfte, ohne gleichzeitig sein Interventionsrecht zu demonstrieren, jederzeit in die thea- tralische Handlung einzugreifen. Nur in dieser doppelten Qualität konnte der Souverän im Hoftheater eine Zeitlang zum eindrücklichsten Symbol  – im Bild wie im faktisch ze- remonialisierten Ablauf  – einer absolutistisch intendierten sozialen Figuration werden. Allerdings strafte die Wirklichkeit den idealtypischen Anspruch häufig Lügen, nur in relativ wenigen Fällen, wie in Modena, wurde Sabbattinis Regel befolgt.50 47 Zum kgl. Stuhl Friedrichs  I. in Eosanders Schlosskapelle in Charlottenburg, 1704, Lange 2006, S.  138–139. 48 Sabbattini 1638, S.  55 cap.  34. 49 Die Doppelung optimaler Sicht für den amtierenden Herrscher bzw. seiner Untertanen auf ihn ist rituell zuerst für Otto den Großen auf dem Karlsthron auf der Empore der Aachener Pfalzkapelle nachweis- bar. Widukind 1981, S.  109. Die Fokussierung der Bühnenperspektive auf den Sitz des Fürsten zuerst in Antonio Landis Il Commodo 1539 in Florenz belegt. Strong 1991, S.  61–62. 50 Jarrard 2003, S.  53–54. Praktisch spielte er im höfischen Theaterbau des 17.  Jahrhundert kaum eine Rolle.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa Hof – Oper – Architektur
Titel
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Untertitel
Hof – Oper – Architektur
Autoren
Margret Scharrer
Heiko Laß
Herausgeber
Matthias Müller
Verlag
Heidelberg University Publishing
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-947732-36-4
Abmessungen
19.3 x 26.0 cm
Seiten
618
Schlagwörter
Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
Kategorie
Kunst und Kultur
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