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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur
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Pathos der Distanz – die Etablierung der zentralen Hofloge im Theaterbau (1600–1750) 141 Neapel (1737), Turin (1740) – erweiterte Öffentlichkeit vs. höfische Exklusivität Im größten Opernhaus der Epoche, im Teatro San Carlo in Neapel, mit dessen Bau in- nerhalb von kaum acht Monaten Karl von Bourbon 1737 seine Regentschaft in der seit anderthalb Jahrhunderten von spanischen Vizekönigen mehr ausgebeuteten als regier- ten süditalienischen Provinz begründete und mit der er eine glanzvolle Hofkultur in der zweitgrößten Stadt des Kontinents inaugurierte,83 wurde zum ersten Mal ein direkt an den königlichen Palast angeschlossenes Hoftheater zum Forum, in dem sich cour et ville regelmäßig begegneten, in der Saison dreimal pro Woche.84 Das internationale Pu- blikum der Grand tour fand im teilweise frei verkäuflichen festbestuhlten Parterre Platz und trug dazu bei, den Ruhm des Hauses und der neapolitanischen Oper in die letzten Winkel Europas zu verbreiten. Der palco reale im Fokus des Saals mit Salon und direkter Verbindung zum Palast »amassed his public around him like attendees at court«.85 Die Loge wurde jeweils mit beweglichen, geschnitzten und vergoldeten Rahmenelemen- ten, die mit Gelenken verbunden waren, anlassbezogen drapiert. Zwischen 1747 und 1787 kamen für besondere dynastische Feste bzw. Galavorstellungen noch einmal jene ephemeren Dekorationen zum Einsatz, die auf die nackten Wände des Logenhauses appliziert wurden. Die Stichserie von Giuseppe Vasi vermittelt einen Eindruck der von Vincenzo Re konzipierten berühmten Ausstattung zur Geburt des Kronprinzen 1747 (Abb.  13).86 Drapierte Brokatstoffe und eine kolossale Bogenarchitektur zwischen brei- ten, spiegelbesetzten Pilastern verspannten die drei unteren, für Hof und Adel reser- vierten Logenränge und separierten sie von den oberen Galerien. Vor der durch Kerzen vor geschliffenen Spiegeln taghell erleuchteten, mit Hermelin ausgeschlagenen Königs- loge führten symmetrisch geschwungene Treppenarme ins Parterre. Der auf den fernen palco reale zentrierte Blick führt aus dem Bühnenhintergrund, von wo stadtbürgerli- ches Publikum dem Ball zuschaute, durch das von rückwärts gesehene, hier als Pro- szenium zu lesende Bühnenportal in den streng perspektivisch verkürzten Theatersaal. Später rieb sich aufklärerische Kritik am Missverhältnis zwischen dem verschwenderi- schen Glanz des Auditoriums mit seiner in tausend Spiegeln reflektierten Illumination und der nur mäßig beleuchteten Bühne: »Der erste Eindruck war betäubend, allein es 83 Doria  /  Bologna  /  Pannain 1962, S.  121–128; Croce 1992, S.  183–192; Cantone  /  Greco 1987; Mancini 1987, S.  27–36; Feldman 2007, S.  190–192, 207–208; Thomas 2013, S.  26–39. 84 Morelli 1987, S.  33. 85 Feldman 2007, S.  192. Ebd. der Verweis auf die »symbolic machinery of absolutist spectacle«, die in den Logen soziale Privilegien der Insassen zum Verschwinden brachten, »[…] giving the illusion of being powered, and dwarfed, by the royal box«. Nur 10 Logen seitlich der Hauptloge im zweiten Rang blieben dauerhaft für Gäste des Königs reserviert, die übrigen waren den ranghöchsten Familien des Adels zu- geteilt. Minister Filangieri zufolge wußten sie nicht, »how to live without being warmed by the rays of the throne«, zit. n. Thomas 2013, S.  37, Anm.129. 86 Narrazione 1749; Cantone 1987, S.  68.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa Hof – Oper – Architektur
Titel
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Untertitel
Hof – Oper – Architektur
Autoren
Margret Scharrer
Heiko Laß
Herausgeber
Matthias Müller
Verlag
Heidelberg University Publishing
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-947732-36-4
Abmessungen
19.3 x 26.0 cm
Seiten
618
Schlagwörter
Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
Kategorie
Kunst und Kultur
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