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Licht und Mechanik im Theater des 17. und 18. Jahrhunderts
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Die akustischen Effekte wie Wind, Regen, Donner oder Gewitter realisierte man
mit Theatermaschinen. Wind wurde mit einem Schaufelrad erzeugt, das mit seinen
Kanten beim Drehen über ein leicht gespanntes Segeltuch strich. Die handbetriebene
Maschine imitierte je nach Drehzahl des Rades und der Spannung des Tuches ein sanf-
tes Säuseln oder einen heftigen Sturm. Ein von Hand rotierende Siebtrommel, die mit
kleinen Steinen oder Erbsen gefüllt war, erzeugte je nach Geschwindigkeit der Trom-
mel starken Regen oder sanftes Nieseln. Akustische Donnereffekt initiierte man durch
viereckiger Bleche. Dabei wurden zwei an Seilen aufgehängte große Blechtafeln am
unteren Ende mit den Händen gefasst und kräftig ruckartig hin- und her geschwun-
gen. Je nach Größe, Dicke, Materialbeschaffenheit (Messing oder Stahl) der Blechtafel
sowie Art und Stärke des Rüttelns konnte man die gewünschten Donnertöne erzeugen.
Für den Gewittereinschlag wurde ein rechteckiger langer Holzkasten benutzt, gefüllt
mit Eisenkugeln oder Kieselsteinen, die beim Herabfallen ein krachendes Geräusch
imitierten (Abb. 4). Durch ein Gemisch von Kolophonium, Harz, Tannennadeln und
trockenen Blumenblättern, das mit Spiritus in einem Becken verbrannt wurde, verteil-
ten sich Rauch und Nebel auf der Bühne. Ein Theaterfest für alle Sinne. Mittels einiger
in Alkohol getränkter Tücher, die über zusätzliche Winkelrahmen aufgespannt und
dann angezündet wurden, war es möglich auf der Bühne einen großen Brand vorzu-
täuschen.
Die vom Ulmer Theaterarchitekten Joseph Furttenbach (1591–1667) erfundene
Dekoration der Pariakten, die aus auf drei Seiten bemalten und drehbaren Prismen
Abbildung 4.
a: Der Feuer / Blitz-Topf für
Feuerbälle, die bis zu 2 Meter Durchmesser
erreichten; b: Die Windmaschine mit einem
Schaufelrad und leicht gespanntem Segeltuch;
c: Die Regenmaschine mit einer Siebtrommel
und einer Füllung von Steinen oder Erbsen.
d: Donner-Effekt, eine Blech / Messing Platte
wurde ruckartig geschüttert oder Steine in
einem Holzkanal zickzack runtergelassen.
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c b
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Buch Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur"
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Titel
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Untertitel
- Hof – Oper – Architektur
- Autoren
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Herausgeber
- Matthias Müller
- Verlag
- Heidelberg University Publishing
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Abmessungen
- 19.3 x 26.0 cm
- Seiten
- 618
- Schlagwörter
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Kategorie
- Kunst und Kultur