Seite - 296 - in Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur
Bild der Seite - 296 -
Text der Seite - 296 -
Tadeusz Krzeszowiak
296
Die links und rechts angeordneten Türme dienten als Arbeitsgalerien, von denen man
mit den Schnüren den Prospekt auf die Bühne herunterlassen oder nach abgespiel-
ter Szene wieder nach oben verschwinden lassen konnte. Um den Prospekt leicht mit
menschlicher Handkraft bewegen zu können, wurden Gegengewichte zum Gewicht des
Prospektes immer von neuem angepasst. Für die spektakulären Himmelserscheinungen
kamen spezielle Konstruktionen zum Einsatz: Über den Lattenrost der Oberbühne wa-
ren Walzen mit Rädern unterschiedlicher Durchmesser montiert, die die Dekorationen
mit waagrechten Latten, auf denen Personen und Kerzen untergebracht waren, vertikal
bewegt konnten (Abb. 9).
Mit der Einführung des Hauptvorhanges, der sich dicht hinter dem festen Bühnen-
rahmen befand, kam es zu einer klaren Trennung von Bühne und Zuschauerraum. Der
sowohl bei höfischen als auch bei bürgerlichen Theatern eingeführte Orchestergraben
trennte die beiden funktionell so unterschiedlichen Teile des Theaters zusätzlich.
Interessant klingt heute die von dem italienischen Theaterarchitekten Nicola
Sabbattini (1574–1654) stammende Beschreibung, wie man die Kronleuchter anzuzün-
den hatte: »[…] Die Kerzen werden auf den Kronleuchtern gut festgemacht und an
ihren Enden mit Öl getränkt. Neben jeden Kronleuchter stellt man eine zuverlässige
Person, die sich zu dieser Verrichtung eignet, mit je zwei Rohrstäben, deren Länge
genügt, um damit bequem die Kerzenenden zu erreichen. Auf einem von beiden ist
eine kleine Kerze zum Anzünden befestigt, auf dem anderen ein mit Wasser getränkter
Schwamm. Letzteren gebraucht man im Falle, dass eine Kerze zu tropfen beginnt, weil
sie schief angebrannt ist, um sie auszulöschen, damit sie niemanden Schaden zufügt.«2
2 Sabattini 1637, S. 84. Abbildung
9. Eine Maschinerie
zur Bewegung der Wolken mit
Personenerscheinungen. 1: Wal-
zen mit Rädern, 2: Lattenrost
der Oberbühne, 3: Schnürboden,
4: Dekoration, 5: Gegengewicht.
1
2
3
4
5
zurück zum
Buch Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa - Hof – Oper – Architektur"
Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Titel
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Untertitel
- Hof – Oper – Architektur
- Autoren
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Herausgeber
- Matthias Müller
- Verlag
- Heidelberg University Publishing
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Abmessungen
- 19.3 x 26.0 cm
- Seiten
- 618
- Schlagwörter
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Kategorie
- Kunst und Kultur