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Braunschweig – Wolfenbüttel – Salzdahlum
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er eine feste Anstellung hatte oder lediglich für einzelne Opernaufführungen verpflich-
tet wurde. Jedenfalls übernahm er noch in den 1690er-Jahren, als er schon Kapellmeis-
ter in Gottorf war, wiederholt einzelne Rollen in Wolfenbüttel.34 Neben den Mitgliedern
der umfangreichen Kellner-Familie ist allerdings noch Georg Heinrich Bümler als fest-
angestellter Sänger genannt, der dann 1698 als Altist und Kammermusicus an den Ans-
bacher Hof ging, wo er 1717 Kapellmeister wurde, sowie der »Discant Fleischer«, der
aber mutmaßlich nicht fest angestellt war, da er die Kosten für Speisen im Sackkeller
separat abrechnen konnte.
Der Umstand, dass zusätzlich einige der besten italienischen Sänger engagiert wur-
den (darunter Vincentino Antonini, Giacomo Fantini, Giuliano Giuliani und Giovanni
Simone Jani) und dann 1691 eine neue Einstellungswelle italienischer Komponisten
und Sänger erfolgte, ließ 1692 Anton Ulrich jedenfalls gegenüber seinem Hannoveraner
Verwandten – wohl nicht ganz ohne Spitze – jubilieren: »Wir haben allhier ein so ar-
tiges Theater und etliche gute italienische Stimmen, mit denen wir uns ebenso lustig
machen, als wenn wir die Marguereti [gemeint ist vermutlich Margarita Salicola] und
die Clementia hörten, die wir denen Kurfürstlichen gerne gönnen.« 35
Über das Orchester jener Zeit liegen kaum Informationen vor. 1694 und 1695 er-
scheint in den neu aufgefundenen Opernabrechnungen der Violist Nikolaus Petersen,
der freilich zu dieser Zeit bereits Stadtmusikant in Lüneburg war und eigens anreisen
musste. Festangestellt scheinen die Herren Thalheim sowie Luca Dori gewesen zu sein,
die 1695 zusammen mit den Kellners direkt von der fürstlichen Kammer bezahlt wur-
den. Da ihr halbjähriges Salär von 20 bzw. 34 Thalern sehr viel geringer ausfiel als das
der Sänger und Sängerinnen, wird es sich wahrscheinlich um Instrumentalisten ge-
handelt haben. Dass bei ersterem Namen der Hof- und Feldtrompeter Johann Kaspar
Thalheim gemeint sein könnte, der vor Februar 1702 starb, lässt sich nur vermuten.
Bei Keisers Oper Procris und Cephalus, die im August 1694 auf die Bühne kam, wirk-
ten neben den Türmern von Braunschweig und Wolfenbüttel auch noch zwei Jäger »So
beÿ der opera geblasen« mit, zudem drei Braunschweiger Schüler, die die Rollen des
Cliton und des Phosphorus bzw. eine nicht genannte Rolle übernahmen, sowie mehrere
Kinder, welche »die Chöre mit gesungen«. 1695 traten in der Laurentius-Messe gar
zwanzig Kinder sowie acht Mädchen und zehn Jungen in der Oper auf. Am wenigs-
ten Details zum Aufführungsapparat bietet die Abrechnung zu der Lichtmess-Messe
1695 (siehe Anhang II), in der eben jener Boxberg als »der Componiste […] für recom-
pens und übrige Kosten in allem empfangen, laut seiner Quittung […] 74 Thaler und
27
Mariengroschen«. Vermutlich hat er also
– wie Reinhard Keiser ein Jahr zuvor
– für
die Komposition der Oper 70 Taler erhalten; die 4 Taler 27 Mariengroschen dürften
34 Laut der Opernabrechnungen des Jahres 1695 (siehe Anhang III) wirkte er in der Laurentius-Messe als
Sänger mit.
35 Zitiert nach Richter 1963, S. 76.
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Titel
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Untertitel
- Hof – Oper – Architektur
- Autoren
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Herausgeber
- Matthias Müller
- Verlag
- Heidelberg University Publishing
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Abmessungen
- 19.3 x 26.0 cm
- Seiten
- 618
- Schlagwörter
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Kategorie
- Kunst und Kultur