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Helena Langewitz
398 Zauberinseln bzw. verzauberte Inseln haben bereits in den frühen Szenarien der
Commedia all’improvviso ihren Platz. Zumeist durch Schiffbruch gelangen die Prota-
gonisten darin auf die als Arkadien bezeichneten Inseln, auf denen Magier und Magie-
rinnen mit ihren Zaubereien den Aufenthalt versüßen oder aber zur Prüfung werden
lassen.12 Die Macht einer Zauberin über eine Insel findet nicht zuletzt dadurch Aus-
druck, dass sie deren Erscheinungsbild, wie ihr eigenes körperliches Aussehen, ihren
Wünschen entsprechend wandeln kann. Demnach begegnen uns die Inseln auf der
(Musik-)Theaterbühne sowohl als lieblicher als auch als Schreckens-Ort; oftmals auf-
einander folgend, als Gegensatzpaar.
Die »Île flottante« der Alcine 1664
König Ludwig
XIV. ließ die Wasserflächen seines Versailler Parks, abgesehen von durch
Musik begleiteten Illuminationen, lediglich ein einziges Mal musiktheatral inszenie-
ren.13 Dies geschah mit der Aufführung des Ballet du Palais d’Alcine am letzten Abend
des drei Tage währenden Themenfests von Les plaisirs de l’isle enchantée im Mai 1664
auf dem Teich des Bassin des cygnes, dem späteren Bassin d’Apollon. Gleichwohl avan-
cierte dieses Ereignis zum Symbol auch für die folgenden Versailler Parkfeste. Dies
illustriert eine von François Chauveau angefertigte Vignette (Abb.
1). Diese zierte eine
1673 publizierte Festbeschreibung von Les plaisirs de l’isle enchantée, die mit Illustratio-
nen der Festdekorationen von Israël Silvestre ausgestattet war.14
In der Vignette wird das Schlussbild des Ballets zitiert, in dem der sich über eine
felsige Insel erhebende Palast Alcines sinnbildlich durch ein Feuerwerk zerstört wird.
Der durch die brennenden Feuerwerkskörper erleuchtete Zauberpalast bildet den Hin-
tergrund für eine stilisierte Festszene. Tätigkeiten und Attribute der vor einer Festtafel
dargestellten Putten verweisen auf die einzelnen Bestandteile des Festes »course de
bague; collation ornée de machines; Comedie, meslée de danse et de musique; Ballet du
Palais d’Alcine; Feu d’artifice«.15 Auch zwei weitere Berichte über im Versailler Park
veranstaltete Feste aus den Jahren 1668 und 1674 werden von Chauveaus Vignette ge-
schmückt und verweisen damit für den Leser sichtbar auf den Ursprung der Festtradi-
tion in den Versailler Gärten.16
Zum Zeitpunkt der Aufführung von Les plaisirs de l’isle enchantée bestand das von
Ludwig XIV. als Maison de Campagne genutzte Versailles im Wesentlichen aus dem
12 Vgl. Hulfeld 2014.
13 Einen kurzen Überblick über die in Versailles während der Regentschaft von Ludwig
XIV. abgehaltenen
Festlichkeiten bietet etwa La Gorce 2009.
14 Molière /
Benserade 1673.
15 Vgl. ebd., S. [3].
16 Vgl. Félibien 1679, S. 3. – Félibien 1676, S. [3].
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Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
Hof – Oper – Architektur
- Titel
- Musiktheater im höfischen Raum des frühneuzeitlichen Europa
- Untertitel
- Hof – Oper – Architektur
- Autoren
- Margret Scharrer
- Heiko Laß
- Herausgeber
- Matthias Müller
- Verlag
- Heidelberg University Publishing
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-947732-36-4
- Abmessungen
- 19.3 x 26.0 cm
- Seiten
- 618
- Schlagwörter
- Kunstgeschichte, Architektur, Oper, art history, architecture, opera
- Kategorie
- Kunst und Kultur