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RettungEuropasimWesten?–DieSchlachtvonToursundPoitiers
732n.Chr.
DieFakten
711 hatten arabische und berberischeMuslime dasWestgotenreich imHand-
streicherobert.Dasie aufkeinennennenswertenWiderstandstießen,drangen
siekurzdaraufauchüberdiePyrenäenvorundsetztensichinSeptimanienund
insbesonderederStadtNarbonnefest.Vondortausunternahmensiezahlreiche
Raubzüge kreuz undquer durch dasGebiet südlich der Loire bis hinauf nach
Luxeuil,wobeisieimHerzogvonAquitanienzeitweiseeinenVerbündetengegen
das erstarkende Frankenreich fanden. Als dieMauren 732 unter ihremHeer-
führerAbderrahmaneinensolchenZuginRichtungderreichenPilgerstättedes
St.Martins-Grabes vonTours unternahmen, stellte sie kurz vor der Stadt der
fränkischeHausmeierKarlMartellmit einer großen Streitmacht. Dieser hatte
sich damit außerhalb des merowingischenMachtbereiches begeben, denn er
beabsichtigte, hier einenwichtigen Sieg zu erringen um erstens das Franken-
reichaufKostenAquitanienszuvergrößernundzweitensdieeigeneDynastiezu
stärken.
Die Bedrohung, die von Abderrahmans Feldzug ausging, ist von der For-
schungunterschiedlicheingeschätztworden.49Zwarbeabsichtigteerkaum,das
ganze Frankenreich zu erobern, aber ein Test, was die Franken militärisch
aushielten, sollte es wohl durchaus werden. Hätte Karl Martell die Schlacht
49 Rankemeinte noch, dass dieAraber unter »KalifHischam«»nachwie vor nachderWelt-
herrschaftüberhaupt«gestrebthättenunddassesdieBedeutungKarlMartells ausmachte,
diese verhindert zu haben, Leopold von Ranke,Weltgeschichte [1881–1888], Bd.8: Die
arabischeWeltherrschaftunddasReichKarlsdesGrossen,MichaelHorst(Hg.),Wien/Zürich/
Hamburg/Budapest: Gutenberg-VerlagChristensen& Co., 1928, 303. Schieffer relativiert,
dass »bei nüchterner Betrachtung« von der »Vorstellung von einer welthistorischen Ent-
scheidung,diedamalsdasAbendlandvordemIslambewahrthabe«»gewiß einigeAbstri-
che«zumachenseien,RudolfSchieffer,DieKarolinger,Stuttgart/Berlin/Köln:Kohlhammer,
2.Auflage1997,45.Becherhältesheuteebenfalls für»übertrieben«,voneiner»Rettungdes
Abendlandes« zu sprechen,Matthias Becher,Karl der Große, München: Beck, 2.Auflage
2000,35.Friedsiehtesähnlich,betontjedochnoch,dassKarlsSiegdieWuchtderarabischen
Angriffe gebrochen habe, Johannes Fried, Der Weg in die Geschichte. Die Ursprünge
Deutschlands bis 1024, Berlin:Ullstein, 1998, 251–252. Ein gänzlich anderes Bild zeichnet
SeraukyauseherarabischerPerspektive:DieSchlachtseinochnichteinmal»eineindeutiger
Sieg der Franken« gewesen, – »auch änderte diese Schlacht nichtsWesentliches. […]Das
sinkendeInteresseamFrankenlandunddaswachsendeUnvermögenzugrößerenFeldzügen
erwuchsenausdemKonflikt innerhalbder islamischenReihenzwischendenArabernund
denBerbern.«; EberhardSerauky,Geschichtedes Islam.Entstehung,EntwicklungundWir-
kung.VondenAnfängenbiszurMittedes20. Jahrhunderts,Berlin:editionq,2003,230–231.
FelixHinz46
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY
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Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Titel
- Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
- Untertitel
- Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Autoren
- Roland Bernhard
- Susanne Grindel
- Felix Hinz
- Herausgeber
- Christoph Kühberger
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0686-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 294
- Kategorie
- Lehrbücher