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Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern - Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
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Entwicklung soweit beeinflusst und beschleunigt, dass sie in denRang zivili- sierter Länder und ökonomischerMächte aufgestiegen sind. Auf dieseWeise bilden sichneue europäischeFormationen auf anderenKontinenten,wie es in dem einflussreichen französischen Geschichtsschulbuch von Jules Isaac und AlbertMalet heißt: »Des nouvelles Europes se sont ainsi form8es sur d’autres continents.«30 Die vermeintlich unbewohnten Gebiete, in denen sich EuropäerInnen nie- derlassen, dienenalsProjektionsflächen für eine ideale Siedlergesellschaft.Die Siedelnden schaffen eineHeimat, die von den Zumutungen derModerne un- belastet ist und in der sie eine idealisierte Nationalidentität pflegen können. Diese neue Heimat inÜbersee kann die europäischen Vorbilder sogar noch übertreffen. Hinzu kommt, dass die beispielsweise in den Siedlungskolonien Kenia oder Deutsch-Südwestafrika lebenden Briten und Deutschen in dieser Sichtweisenicht fürdieNationverloren sind,weil sienachÜberseeausgewan- dert sind. Sie stellen imGegenteil einedemographischeRessource fürdieMe- tropole dar, die ihnenmit den Kolonien »ein Heim auf deutschem Boden«31 schafft.KoloniewieSiedlergemeinschaft sinddemnach imKolonialmythos in- tegraler Bestandteil desMutterlandes. Das gilt bekanntermaßen für Algerien, daswährendderüber130 JahrewährendenKolonialherrschaft als Fortsetzung Frankreichs jenseitsdesMittelmeersangesehenwird–»unprolongementde la France« oder »une nouvelle France en formation«32 – trifft aber, wie gesehen, auchauf andereSiedlungskolonienzu. Die Siedelnden verkörpern zudemWerte wie Einfachheit, Ausdauer und Unerschrockenheit, die als die unverfälschten oder wahren Charaktereigen- schaftender europäischenHeimat angesehenwerden.33 Solche idealisierenden 30 Jules Isaac u.a., Cours d’histoire Malet-Isaac de 1848 / 1914. Classe de PremiHre, Paris: Hachette, 1961, 368. Von 1902 bis 1914war das Lehrbuch federführend vonAlbertMalet etabliertworden.NachdemKriegsetzteesderMitautorJulesIsaacab1923alsCoursMalet- Isaac fort. Seinwissenschaftlich-nüchternerStil, die zahlreichen IllustrationenundKarten sowiedienational-patriotischeGrundhaltungmachtendenCharakterdesWerksaus. 2012 wurdedasLehrbuchwiederaufgelegt, inzwischenalsSachbuchundSonderausgabe.Damit avancierte der Schulbuchklassiker inder »m8moire scolaire francaise« (Vorwort zurNeu- ausgabevon2012)wohl endgültig zueinemnationalenErinnerungsort.Vergleichbar ist es mitdem»PetitLavisse«,dembekanntenGeschichtslehrbuch fürdieMittelstufevonErnest Lavisse.Vgl.JeannieBauvois-Cauchepin,Enseignementdel’histoireetmythologienationale. Allemagne-France du d8but du XXe siHcle aux ann8es 1950,Bern: Lang (L’ Europe et les Europes, 2), 2002. 31 DavidMüller,Geschichte des deutschenVolkes in kurzgefaßter,übersichtlicherDarstellung zum Gebrauch an höheren Unterrichtsanstalten und zur Selbstbelehrung, Berlin: Franz Dahlen, 21.Auflage1919, 533. 32 Andr8Albau.a.,Cours d’histoireMalet-Isaac.Histoire contemporaine depuis lemilieu du XIXe siHcle, Paris:Hachette, 1930, 390und401. 33 BradleyD.Naranch, »Inventing theAuslandsdeutsche. Emigration, Colonial Fantasy, and GermanNational Identity 1848–71«, in: Eric Ames u.a. (Hg.),Germany’s Colonial Pasts, SusanneGrindel126 Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY
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Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
Titel
Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
Untertitel
Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
Autoren
Roland Bernhard
Susanne Grindel
Felix Hinz
Herausgeber
Christoph Kühberger
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7370-0686-6
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
294
Kategorie
Lehrbücher
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