Seite - 129 - in Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern - Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
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Staaten nicht zuzutreffen. Indem Schulbücher aber auf vermeintlich afrikani-
sche Problemlagen abheben, schreiben sie den Gegensatz vonModerne und
Traditionauf subtileWeise fort.
Bilder
Schließlich ist das Bild des Fremden und des diametral Anderen fester Be-
standteil deskolonialenMythos.DieseAlterität erscheint alsWildheit, Irratio-
nalität und Körperlichkeit oder Emotionalität und stellt einen Gegenentwurf
zum europäischen Selbstbild dar. Dembarbarischen und atavistischenAfrika
wirdeinzivilisiertesundaufgeklärtesEuropagegenübergestellt.Solässtsichdie
ExpansionEuropasnachÜberseenichtnurrechtfertigen,sondernauchalseine
gemeinsameeuropäischeAufgabedarstellen.Deutschlandbeteiligte sich»auch
mit denanderengroßenNationenanderKolonisationund–durchdieUnter-
drückung des Sklavenhandels – an der Lösung einer Kulturaufgabe der
Menschheit.«39Dieses Bild einer europäischen Zivilisationsgemeinschaft ent-
werfen auch die zeitgenössischen englischenGeschichtsschulbücher, wenn sie
betonen,wieentschlossendieEuropäerdarangegangenseien,»tostampoutthis
wickedtradeinhumanbeings,andthehorriblecrueltiesconnectedwithit.«40Sie
illustrieren diese Imaginationen durch konkrete Abbildungen und ergänzen
Zeichnungen von zivilisatorischen Errungenschaften wie Eisenbahnlinien41
oder schwarz-weißFotografien, die die technischeÜberlegenheit der europäi-
schenMetropolen zeigen,42unddieseBildtradition lässt sichbisweitüberdas
EndederKolonialreichehinwegverfolgen.43
Zwei Aspekte sollen im Folgenden näher beleuchtet werden, und zwar die
voyeuristischeAusstellungdesAnderen in ethnografischenZusammenhängen
sowie die Beschreibung desAnderen als Gegner imKampf. Die verzerrenden
Bilder fremderVölker, die sichüberKolonialausstellungen,Massenpresseund
39 AlfredMaurer,Weltgeschichte von 1815–1926.Mit besonderer Berücksichtigung der deut-
schenGeschichte im19. und 20. Jahrhundert. Lehrbuch derGeschichte für höhere Schulen,
Frankfurt amMain:Diesterweg, 1929, 115.
40 H.W.Palmer,OurEmpireOverseas, London:BlackieandSon,1928, 230.
41 Ebd., 232.
42 Charles Peter Hill und John CharlesWright, British History, 1815–1914, Oxford: Oxford
UniversityPress, 1981, 272–273.
43 Zu den bildwissenschaftlichen Grundlagen und der Unterscheidung zwischen Bild und
Abbild vgl. die Arbeiten vonKlaus Sachs-Hombach. Als Einstieg: Klaus Sachs-Hombach,
»Zur Theorie einer interdisziplinären allgemeinen Bildwissenschaft«, in: Visual History.
Online-Nachschlagewerk für die historische Bildforschung, 7.Oktober 2014 https://www.vi
sual-history.de/2014/10/07/zur-theorie-einer-interdisziplinaeren-allgemeinen-bildwissen
schaft/, zuletzt geprüft am5.September2016.
MythosKolonialismus.DieeuropäischeExpansion inAfrika 129
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Buch Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern - Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag"
Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Titel
- Mythen in deutschsprachigen Geschichtsschulbüchern
- Untertitel
- Von Marathon bis zum Élyseée-Vertrag
- Autoren
- Roland Bernhard
- Susanne Grindel
- Felix Hinz
- Herausgeber
- Christoph Kühberger
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0686-6
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 294
- Kategorie
- Lehrbücher