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Österreichische Bürgerkunde
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II. Staat und Recht. 21 Aber diese Einsicht wird nie gleichmäßig und allgemein genug sein,umRechts- verletzungen zu verhindern, und auch die Autorität bedarf zu ihrer Sicherung gewisser äußerer Garantien durch eine materielle Macht. Die Rechtsordnung wendet daher Zwangsmittel an, um die Verletzung der Rechtsvorschriften dauernd und allgemein zu verhindern, und wenn sie dennoch erfolgt ist, ihre Folgen soweit als möglich zu beheben und den Bruch der Rechtsordnung zu sühnen. Die Vor- aussicht, daß dies geschehen werde, hemmt den rechtswidrigen Willen und beugt der Rechtsverletzung vor. Die Erzwingbarkeit des Rechtes ist jedoch nicht gerade ein wesentliches Merkmal seiner Normen. Neben den Folgen, die das Recht selbst an seine Verletzung knüpft, wirken auch die gesellschaftlichen Nachteile der Rechtsverletzung: Mißachtung, Entziehung des Vertrauens, Ausschließung aus gewissen Gemeinschaften vorbeugend. Daher werden auch solche Regeln und Ver- pflichtungen als bindend angesehen, deren Einhaltung nicht erzwungen werden kann. In jeder Rechtsgemeinschaft gibt es Normen, deren Einhaltung nur auf dem Rechtssinne der Beteiligten, auf der Überzeugung von dem „sittlichen Adel" des Rechtes und den verderblichen Folgen des Rechtsbruches beruht. Das gilt ins- besondere von den Normen, welche die höchsten Autoritäten der Gemeinschaft, in erster Linie jene des Staates, verpflichten. Ebensowenig sind die Normen des Völkerrechtes erzwingbar, und doch ist es als diepositiveRechtsordnungderinter- nationalen Staatengemeinschaft anerkannt. Wie jede menschliche Einrichtung bildet sich auch das Recht mit der Gesell- schaft fort; sein Inhalt hängt mit ihren jeweiligen Bedürfnissen und Anschauungen auf das innigste zusammen^). Da diese jedoch in den verschiedenen Gesellschafts- kreisen in vielfacher Hinsicht abweichend sind, entstehen zwischen den einzelnen Interessenkreisen Kämpfe um den Inhalt und die Fortbildung des Rechtes. So wenig auch Recht mit bloßer Gewalt verwechselt werden darf, so hängt doch der Ausgang dieser Kämpfe von der tatsächlichenMachtverteilung zwischen den gesellschaftlichen Kreisen und Klassen ab^). Das daraus hervor- gehende Recht stellt sich gewissermaßen als ein Kompromiß zwischen ihren ^) Auf die geschichtliche Bedingtheit des Rechtes und auf seinen Zusammenhang mit Ge- sellschaft, Volkswirtschaft und Volkstum hingewiesen zu haben, ist das Verdienst der modernen historischen Rechtsschule. Damit setzte sie sich in Gegensatz zur Rechtsphilo- sophie des Natur- oder Vernunftrechtes, welche die Neuzeit bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein beherrschte. Als Naturrecht wird diese Richtung deswegen bezeichnet, weil sie annahm, daß das Recht schon durch die Natur, durch die Anlagen derMenschen und dasWesen der Dingevon vornhereingegeben sei, alsVernunftrecht, weildarnach die einzelnen Rechtssätze ohneweiters in überzeugender Weise abgeleitet werden könnten. Als der Begründer dieser Richtung (und zugleich der Völkerrechtslehre) gilt der Holländer Hugo Grotius (1583—1645), dessen Hauptwerk, de jure belli ac pacis, 1625 erschien. Die von den Vertretern des Naturrechtes aufgestellte Forderung, das durch die Rezeption desrömischen Rechtes zum geltenden Rechte erhobene Pandektenrecht durch ein den Zeitanforderungen entsprechendes „vernünftiges"Rechtzu ersetzen, hatdiegroßen Kodifikationen umdieWende des 18. Jahr- hunderts angeregt, so auch das österreichische allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (1811). Seinem rationalistischen Charaktergemäß stand das Naturrecht aufdem Standpunkte des Individualismus; es begünstigte dieBefreiung aus geistiger, gesellschafthcher und wirtschaftlicher Gebundenheit und schaffte Raum für die freie Betätigung der Persönlichkeit. Der politische und ökonomische Libe- ralismus ist durch die Naturrechtsschule vorbereitet worden. — 2) Die Gleichstellung von
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Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
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