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Österreichische Bürgerkunde
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Vierter Teil. Die Organisation des Staates. XV. Die Verfassung. Wie alle Verbände, bedarf auch der Staat einer vom Rechte geordneten Organisation^). Die Rechtssätze über die Organisation der öffentlichen Gewalt im Staate machen seine Verfassung (im materiellen Sinne) aus. Sie regelt die Willensbildung des Staates, bezeichnet die obersten Organe und die Art ihrer Berufung, umschreibt deren Wirkimgskreis und zieht die Grenzlinien zwischen d^r öffentlichen Gewalt und den Untertanen^). Erst in der neueren Zeit ist es übUch geworden, diese Rechtssätze systematisch zu ordnen und in Gesetzesform schrift- lich festzulegen. Die Gesetze, worin sie enthalten sind, bilden die Verfassung im formellen Sinne. Sie werden wohl auch Grundgesetze genannt; ihre Änderung wird in vielen Staaten dadurch erschwert, daß hiefür andere Formen und Bedingungen vorgeschlichen sind als für die sonstige Gesetzgebung. Der Ursprung schriftlicher Verfassungen ist ein doppelter. Er ist zunächst in den Übereinkommen zu suchen, durch die in der Zeit der ständischen Ordnung Fürst und Stände ihren Machtbereich und Rechtskreis gegeneinander abgrenzten, während das öffentliche Recht im übrigen auf Tradition beruhte und sich durch die politische Praxis fortbildete. So entsteht die Vorstellung von Fundamental- oder Grundgesetzen, die überdem Gesetzgeber stehen und nicht wie andere Gesetze geändert werden können. Die theoretische Begründung dazu liefert späier die Naturrechtsphilosophie in der Lehre vom Staatsvertrag. Die Verfassungen erscheinen demnach gleichsam als Erneuerungen des Vertrages, worauf nach jener Lehre der Staat und seine Ordnung beruhen^), besonders seitdem sich die englischen Kolonien in Amerikain Staaten umgewandelt und ihre Verfassungen auf Grund der Volkssouveränetät aufgerichtet hatten. Aus der Fortbildung dieser Idee in Frankreich entspringt die Lehre von einer besonderen „konstituierenden Gewal t", die dem Volke selbst zustehe*). Inden Formen, an welche einzelne Verfassungen ihre Ab- änderung binden, dann in der Volksabstimmung dm-ch Plebiszit und Referendum wirken diese Ideen nach. Siehaben die Verfassungen des Revolutionszeitalters stark beeinflußt. Im Gegensatze zu den auf dem Prinzip der Volkssouveränetät beruhenden VerfassungenderRevolutionszeitbestehenjeneVerfassungen, welche nach demVor- bilde der Charte constitutionelle Ludwigs XVIII. von 1814 von den Monarchen aus eigener Machtvollkommenheit gewährt worden sind. Da diese Verfassungen weder aus einer „konstituierenden" Versammlung, noch aus einem Pakte mit ') Vergl. I. Kapitel, S. 18.— *) Im engeren Sinne nenntman aber nur einen solchen Staat einen Verfassungsstaat, In welchem eine Volksvertretung an der Gesetzgebung teibiimmt und die Verwaltung kontrolliert. — 3) Vergl. das III. Kapitel, S. 25 f. — *) Vergl. G. Zweig, Die Lehre vom Pouvoir constituant, Tübingen 1909.
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Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
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