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Österreichische Bürgerkunde
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84 XVII. Der Konstüutionalismus. Kammern, die letzteren aber aus einer einzigen Kammer bestehen. Je nachdem das eine oder das andere der Fall ist, spricht man von Einkammer- oder Zweikammer- system. Beim Zweikammersystem werden die Kontrollbefugnisse des Parlamentes in der Regel vonjedem der beiden Häuser selbständig ausgeübt, während zur Gesetz- gebung übereinstimmende Beschlüsse beider Häuser erforderlich sind. Darin daß die beiden Häuser auf verschiedene Weise und aus verschiedenen Elementen ge- bildet werden, daß sie getrennt beraten und beschließen, liegt die Gewähr dafür, daß die Angelegenheiten von verschiedenen Standpunkten aus, gründlich und un- parteiisch erwogen, Übereilungen und plötzliche Verschiebungen des gesellschaft- lichen Gleichgewichtes vermieden werden. Die erste Kammer, das Oberhaus, entspricht mehr dem aristokratischen Prinzip, die zweite Kammer, das Unterhaus, mehr dem demokratischen Prinzip. Die erste Kammer besteht in monarchischen Staaten in der Regel aus Männern, die ki'aft eigenen Rechtes, vermöge hoher öffentlicher Stellungen, oder als Vertreter wichtigerKorporationen eintreten oder dievomMonarchenaufLebensdauerberufen werden. Die zweite Kammer geht regelmäßig aus Wahlen hervor; in RepubHken auch die ersteKammer, allein die Wahlprinzipien sind hier andere— in der Regel andere Wahlkollegien, strengere Sichtung durch bedächtigere Wähler— und die Funlvtionsdauer ist länger, wenn nicht lebenslänglich. So kommt es, daß die erste Kammer allenthalben bedächtiger, weitgehenden Neuerungen weniger geneigt, kurz konservativer ist wie die zweite Kammer. Man hat diese den Minutenzeiger, jene den Stundenzeiger der Staatsuhr genannt. Der ersten Kammer sind in manchen Staaten noch andere Aufgaben zugewiesen wie der zweiten, so z. B. richterliche Funktionen oder die Funktionen eines Staats- rates. In politischer Hinsicht besitzt in der Regel die zweite Kammer das Über- gewicht. In ihr gelangt vermöge der engeren Fühlung mit der Wählerschaft die öffentliche Meinung getreuer zum Ausdruck; ihren Mehrheitsparteien werden in parlamentarisch regierten Staaten die Minister entnommen ; sie hat die Vorhand- stellung bei der Bewilligung des Budgets und des Relmitenkontingents und erlangt dadurch größeren Einfluß auf den Gang der Geschäfte. 4. Das Mehrheitsprin.zip. Der Parlamentarismus beruht auf dem Mehrheitsprinzipe. Es besteht darin, daßsowohl bei den AVahlen, als auch beiden Beschlüssen derKammerund sonstigen Vertretungskörper derWille der Mehrheit als der Wille der Gesamtheit gilt. Es gibt keine andere gleich sichere Art den Gesamtwillen zu bilden. Sie stellt alle gleich und läßt der Minderheit die Aussicht, dadurch, daß sie ilireGegner bekehrt und die öffentliche Meinung für sich gewinnt, zur Mehrheit zu werden. Daher die große Bedeutung, welche die öffentliche Meinung und die Mittel, wodurch sie gebildet und beeinflußt wird: Presse, Versammlungen, Agitation vonHaus zuHaus und vonMann zuMann für das politische Leben der Gegenwart, besonders für den Parlamentarismushaben. FreilichkannjeneErwartung, nämlich durchdie Kisdt der Argumente zu siegen, in solchen Fragen nicht erfüllt werden, in welchen die Paitei- stellung von vornherein durch unabänderliche oder kaum verrückbare Verhältnisse, wie z. B. nationale oder konfessionelleZugehörigkeit, gegeben ist und eineÄnderung der hierauf beruhenden politischen Überzeugung nicht zu erwarten steht. Hier kann
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Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
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