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Vor 1918
Österreichische Bürgerkunde
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88 XVII. Der Konstitutionalismus. 6. Die politischen Parteien. Schon die bisherigen Bemerkungen lassen erkennen, wie wichtig die Parteien für das konstitutionelle Leben sind. Parteien sind freie, von der Rechtsordnung nicht angeordnete Organisationen zur Verwirklichung politischer Ziele. In den Partei- programmen werden die angestrebten Ziele aufgestellt und begründet. Auch in absolut beherrschten Gemeinwesen gibt es Parteien ; seine volle politische Bedeutung entwickelt das Parteiwesen aber nur dort, wo die Verfassung den Parteien Gelegen- heit gibt, durch Beeinflussung der Wahlen und fernerhin der Beschlüsse der Ver- tretungskörper in gesetzlicher Weise für die Erfüllung ihrer Wünsche einzutreten. Das Parteiwesen ist die Form, in welcher die einzelnen Bürgeram öffentlichen Lebenteilnehmenund sich aus der Fülle individuellerMeinungen undWünsche die Zielpunkte einesdurchdieWahlenunddieHaltung derGewähltenindenVertretungs- körpern zu verwirklichenden Kollektivwillens ergeben. Die Meinungsverschieden- heiten hierüber kommen in den Parteiprogrammen zum Ausdruck, zu denen sich die Kandidaten bekennen. Sie deuten die großen Richtlinien an, zwischen denen der Einzelne unter Zurückstellung seiner persönlichen Ansichten zu wählen hat. Auch in persönlicher Hinsicht ist die Wahl in Wirklichkeit nicht frei. Die Wähler, die mit ihrenStimmen wirkKch dasWahlergebnis beeinflussen wollen, könnenkaum anders, als für den von der Parteiorganisation aufgestellten Kandidaten zu stimmen, wenn er auch nicht gerade der Mann ihres Herzens ist. Handelten sie anders, so würden sich die Stimmen wirkungslos zersplittern. Die Auslese der Kandidaten erfolgt im Schöße der Parteikomitees, deren Taktik und Autorität auf die Wähler von großer Wichtigkeit für das Wahlergebnis ist. Jede Partei muß bestrebt sein, ihre Ziele und Anschauungen vor der Wähler- schaft zu rechtfertigen und die Schwankenden durch Presse, Versammlungen und Privatagitation für sich zu gewinnen. Diese Erörterung öffentlicher Angelegen- heiten verbreitet politische Kenntnisse und Einsicht in weiteren Kreisen und er- möglicht die Entstehung einer öffentlichen Meinung. Je nachdem es sich um Angelegenheiten der Selbstverwaltung, der Landes- oder Reichsgesetzgebung handelt, werden kommunale, Landtags- und Reichsrats- parteien unterschieden. Sie hängen vermöge der Verwandtschaft der Gesichts- punkte vielfach untereinander zusammen. Die Gesichtspunkte der Parteibildung sind sehr mannigfaltig und durch die Hauptfragen der Politik, der Volkswirtschaft und sozialen Klassenbewegung gegeben. Die politischen Gesichtspunkte lassen sich unter die — freilich wenig bezeichnende — Formel „fortschrittlich (liberal) oder konservativ" bringen. In wirtschaftlicher Hinsicht handelt es sich um die Frage, inwieweit die Staatsgewalt in das freie Spiel der gesellschaftlichen Kräfte eingreifen solle und weiterhin vor- nehmlich um die Auseinandersetzung zwischen landwirtschaftlichen und gewerb- lichen, ländlichen und städtischen, großkapitalistischen und Mittelstandsinteressen, in sozialpolitischer Hinsicht um den Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit, zwischen den bürgerlichen Schichten und der Arbeiterklasse. WichtigeElemente der Parteibildung sind in manchen Staaten die konfessionellen Gegensätze in der Bevölkerung, ferner die gegensätzliche Stellung in der Frage des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat. Dazukommt in Österreich als Anlaß zur Parteibildung
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Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
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