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Österreichische Bürgerkunde
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XVIII. Der österreichische Reichsrat. 93 2. Die Ministerverantwortlichkeit. Die Ministerverantwortlichkeit hat zwei Seiten, eine juristische und eine poli- tische. Durch die politische Ministerverantwortlichkeit soll die Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung gesichert werden. Da die Zweckmäßigkeit von dem Parlamente gelegentlich der von ihm gehandhabten Verwaltungskontrolle beurteilt wkd, so läuft die politische Verantwortlichkeit der Minister darauf hinaus, ob ihre Geschäfts- führung von der Parlamentsmehrheit gebilligt wird oder nicht. Nicht im Prozeß- wege sondern in der Forni parlamentarischer Verwaltungskontrollewd sie geltend gemachtund die Verurteilungkann nur darin bestehen, daß die Parlamentsmehrheit dem Minister ihi-Vertrauen entzieht, dies gelegentlich einer Abstimmung ausdrückt und ihn so zum Rücktritte nötigt. Freilich wird dieser Erfolg nur in parlamentarisch regierten Staaten mit Notwendigkeit eintreten. Die Wirksamkeit der politischen Ministerverantwortlichkeit hängt somit gänzlich von der tatsächhchen Macht- stellung desParlamentes ab. Ihre Bedeutung besteht nicht so sehr darin, geschehene Mißgriffe zu ahnden, als viehnehr die Minister dazu zu nötigen, bei ihrer Amts- führung stets auf das Urteil des Parlamentes und der öffentlichen Meinung bedacht zu sein. Anders verhält es sich mit der Ministerverantwortlichkeit im Rechtssinne, die durch die Anklage vor dem Staatsgerichtshofe geltend gemacht wii'd. Ihr Aus- gangspunkt ist das „Impeachment" des englischen Parlamentes, bei welchem das Oberhaus über die vom Unterhaus angeklagten Minister zu Gericht sitzt. Nach diesem Vorbilde waren die modernen Verfassungen bestrebt, die Verantwortlich- keit der Minister in Rechtssätze zu kleiden und Gerichte zur Entscheidung hierüber zu bestellen. Das ist in Österreich durch das Gesetzvom 25. Juli 1867 über die Ver- antwortlichkeit der Minister geschehen. Darnachbildet die Gegenzeichnung der Regierungsakte durch die Minister die notwendige Ergänzung zu der Unverantwortlichkeit des Monarchen^). Jeder Regierungsakt des Kaisers bedarf zu seiner Gültigkeit der Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers. Die Haftung erstreckt sich auf alle den Ministem^) innerhalb ihres amtlichen Wirkungskreises zur Last fallenden Handlungen und Unterlassungen, wodurch sie vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit ein Gesetz verletzt haben. Sie umfaßt alle in die Zeit üirer Amtsführung fallenden kaiserüchen Anordnungen, mögen sie dieselben beantragt und gegengezeichnet haben oder nicht, die eigenen Weisungen der Minister und die absichtliche Unterstützung gröbhcher Pflichtverletzung eines andernMinisters. Das Recht der Anklage steht jedem der beidenHäuser selbständig zu. Durch die Art der Geschäftsbehandlung ist dafür gesorgt, daß der Antrag hiezu weder leichtfertig gestellt noch verschleppt werde, und der Anklagebeschluß nur auf Grund einer eingehenden Untersuchung und mit Zweidrittelmehrheit gefaßt werden könne. Der Beschluß bewkt die Einstellung der Amtswirksamkeit des angeklagten Ministers. ^) Die Folge davon ist, nebenbei bemerkt, daß für die Minister nicht die gleiche Gehorsams- pflicht besteht wie für andere Staatsbeamte; Anordnungen, für die sie die Verantwortung nicht übernehmen wollen, können sie sich durch Demission entziehen. Das wird ihnen durch ein ge- setzlich zugesichertes Ruhegehalt erleichtert.— ^) Den Ministern sind in dieser Hinsicht die mit der selbständigen Leitung einesMinisteriums betrauten Beamten gleich gehalten.
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Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
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