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Österreichische Bürgerkunde
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98 XVIII. Der österreichische Reichsrat. haus also aus Delegierten der Landtage. Dadurch erhielt es einen föderalistischen Einschlag. Erst die Wahlordnung von 1873 hat direkte Reichsratswahlen ein- geführt, indem sie den Landtagswählern auch das Wahlrecht für den Reichsrat gab. Dadurch ist die Vereinigung von . Reichsrats- und Landtagsmandaten gelöst, der Zusammenhang zwischen Reichs- und Landespolitik gelockert, die Entstehung und Wkksamkeit den ganzen Staat umfassender oder doch über die Landesgrenzen hinausgreifender Parteien erleichtert, der einheitliche Staatsgedanke aber gestärkt worden. Gleichzeitig wurde die Zahl der Abgeordneten auf 353 erhöht und auf die Länder und innerhalb derselben auf die Wählerklassen der Landtagswählen (Groß- grundbesitz, Handels- und Gewerbekammern, Städte und Industrialorte, Land- gemeinden) aufgeteilt, wie denn überhaupt die Bedingungen des Reichsratswahl- rechtes die gleichen waren wie die des Landtagswahlrechtes ^). Erst 1882 trat hierin eine Änderung ein, indem der Steuerzensus des Reichsratswahlrechtes in den Städten und Landgemeinden auf 10 Kronen herabgesetzt wurde. Die dadurch bewirkte Vermehrung der WählerzahP) kam insbesondere den Bauern und Klein- bürgern, sowie den Parteien zustatten, welche die Interessen derselben in ihr Programm aufgenommen haben. Das Jahr 1896 brachte eine zweifache Erweiterung des österreichischen Reichs- ratswahlrechtes. Den 4 Wählerklassen der Interessenvertretung wurde eine all- gemeine Wählerklasse hinzugefügt. Sie erhielt 72 Mandate zugewiesen, wodurch sich die Mitgliederzahl des Abgeordnetenhauses auf425 erhöhte. Li der allgemeinen Wählerklasse waren alle Personen wahlberechtigt, bei welchen die allgemeinen Voraussetzungen des Wahlrechtes zutrafen, also sowohl die Wähler der Kurien der Interessenvertretung, als auch die bis dahin vom Wahhrechte Ausgeschlossenen. So wenig wirksam auch das Wahlrecht der ueuen Wählerklasse wegen des Miß- verhältnisses zwischen der Zahl der Wähler und der Mandate war, so ist damit doch das politische Leben den breiten Vollisschichten erschlossen^) und der Über- gang zum allgemeinen Wahlrechte eingeleitet worden. Außerdem wurde die Zahl der Wähler in den Wählerklassen der Städte und Landgemeinden durch Herab- setzung des Steuerzensus von 10 auf 8 Kronen erheblich vermehrt. Durch das Gesetzvom 26. Jänner 1907 ist die Interessenvertretung aufgegeben, das allgemeine, dü-ekte und gleiche Reichsratswahlrecht eingeführt und die Zahl der Mitglieder des Abgeordnetenhauses auf 516 erhöht worden. Wahlberechtigt (aktives Wahlrecht) ist nunmehr jede Person männüchen Geschlechtes, welche das 24. Lebensjahr zurückgelegt hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und am Tage der Wahlausschreibung in der Wahlgemeinde seit mindestens einem Jahre ansässig ist, wofern sie nicht infolge geminderter Rechtsfähigkeit (mangels Eigenberechtigung, wegen strafgerichtlicher Verurteilung, wegen Armenversorgung usw.) vom Wahlrechte ausgeschlossen ist. Vom Wahkechte ausgenommen sind die in aktiver Dienstleistung stehendenMilitärpersonen. DasWahlrechtmuß persönlich ausgeübt werden; jeder Wahlberechtigte hat nur eine Stimme; es gibt also kein Pluralwahh-echt^). ') Vergl. hierüber das XIX. Kapitel, S. 104.—*) Sie ist zwischen den Wahlen von 1879 und 1885 in den Städten von 196.993 auf 298.793,um öl'GVo, in den Landgemeindenvon 1,088.457 auf 1,369.536, um 25'8''/o gestiegen.— ») Die Statistik der Reichsratswahlen von 1897 weist 5,018.217 Wahlberechtigte aus. Von diesen waren nur 1,831.439, knapp 377o. auch in anderen Wählcr- klassen, 3,186.778 nur in der allgemeinen Wählerklasse wahlberechtigt.— *) Vergl. oben S. 86.
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Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
Geschichte Vor 1918
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