Seite - 116 - in Österreichische Bürgerkunde
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116 XXI. Das Staatsgebiet.
und durch die Erweiterung ihrer auswärtigen Interessen, insbesondere auf wirt-
schaftlichem Gebiete gekennzeichnet.
Auch dieösterreichisch-ungarische Monarchie verdankt
ihreMachtstellungdemZusammenschlüsseihrerallmählicherworbenenBestandteile^)
zu einer wirtschaftlichen, militärischen und demnach auch politischen Einheit.
Ihre Unteilbarkeit ist durch diePragmatische Sanktion feierlich verkündet worden.
Die Rechtsform der Verbindung mit Ungarn ist bereits im XL Kapitel, die An-
gliederung von Bosnien und der Herzegowina im XIV. Kapitel besprochen worden.
Die Zahlen über den Flächeninhalt, die Bevölkerung und die Volksdichte der
österreichisch-ungarischen Monarchie und ihrer staatsrechtlichen Bestandteile
sind in den Tabellen 1 und 2 des Anhanges enthalten. Zum Vergleiche werden
in der Tabelle 4 die Angaben für die wichtigsten anderen Großstaaten zusammen-
gestellt. Aus den Ziffern erhellt, daß Österreich und Ungarn nur durch Uire Ver-
einigung die geschichtliche Großmachtstellung der Monarchie zu behaupten und
ihre auswärtigen Interessen durchzusetzen vermögen. Getrenntwäre jede der beiden
Reichshälften an Gebiet und Volkszahl nur ein Mittelstaat. Darin liegt eine dring-
liche Mahnung, über den Sonderinteressen der Länder und der Gliedstaaten die
Anforderungen des Staatsverbandesund der Reichseinheit nicht zu vernachlässigen.
Das österreichische Staatsgebiet ist aus den in dem Grundgesetz
über die Reichsvertretung aufgezählten 17 Ländern zusammengesetzt. In welcher
Weise sie durch die Staatsgewalt zu einem einheitlichen Staatswesen zusammen-
gefaßt werden, erhellt schon aus den Darlegungen des XII. Kapitels über die staats-
rechtliche Natur Österreichs. Da Landbesitz die Voraussetzung staatlicher Herr-
schaft ist, ändert sich mitdem Staatsgebiete auch der Personenverband des Staates,
mithin der Staat selbst. Das moderne Staatsgefühl schließt jede willkürliche
Teilung oder Veränderung des Staatsgebietes aus. Die Verteidigung der Grenze
ist Selbstbehauptung, die Veräußerung von Staatsgebiet ist Minderung der Staats-
persönlichkeit. Daher bedürfen Staatsvertrage, die eine Gebietsänderung zur
Folge haben, in Österreich wie in Ungarn der Genehmigung des Parlamentes;
nicht auch Gebietsveränderungen infolge von Friedensschlüssen, da die völker-
rechtliche Repräsentativgewalt des Monarchen beim Friedensschlüsse sich not-
wendigerweise auch auf die Friedensbedingungen erstreckt.
Das Staatsgebiet wird für die Zwecke der Verwaltung und Rechtsprechung
in Verwaltungs- und Gerichtssprengel eingeteilt. Diese Ein-
teilung schließt sich an den Zug der Landesgrenzen an; daher unterstehen den
einzelnen LandessteUen Gebiete von sehr verschiedener Ausdehnung. Über die
Behördenorganisation selbst ist bereits imXX. Kapitel das Nötige bemerkt worden
die Grundzüge der gerichtlichen Einteilung des Staatsgebietes werden im XXXIII.
Kapitel zusammen mit der Rechtspflege besprochen werden. Hier erübrigt nur
auf die Tabelle 1 des Anhanges zu verweisen, in der neben dem Flächeninhalte
und der Bevölkerung der einzelnen Länder auch die Anzahl der Städte mit eigenem
Statut, der politischen und Gerichtsbezirke, ferner der Gemeinden und Ortschaften
nachgewiesen wird. Die politische Einteilung hängt mit der gerichtlichen dadurch
zusammen, daß kein Gerichtsbezirk in einen anderen politischen Bezirk übergreift.
Die einzelnen Bezirke sind nach Gemeinden, Bevölkerungund Fläche derart abge-
*) Über die Entwickelung ihres Gebietes, vergL das VIIL Kapitel, S. 41 U
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Buch Österreichische Bürgerkunde"
Österreichische Bürgerkunde
- Titel
- Österreichische Bürgerkunde
- Autor
- Heinrich Rauchberg
- Verlag
- Verlag von F. Tempsky
- Ort
- Wien
- Datum
- 1911
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.4 x 24.0 cm
- Seiten
- 278
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918