Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Österreichische Bürgerkunde
Seite - 131 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 131 - in Österreichische Bürgerkunde

Bild der Seite - 131 -

Bild der Seite - 131 - in Österreichische Bürgerkunde

Text der Seite - 131 -

XXVII. Die Glaubensfreiheit. 131 konnte auch aufdem Gebiete der Kirchenpolitik keine der gegensätzlichen Theorien sich völlig durchsetzen. Allenthalbenhabensichunter der Einwirkung der geschicht- lich gegebenen Verhältnisse aus dem Widerspiel der theoretischen Forderungen Zwischenbildungen ergeben, so daß nicht von der ausschließlichen Geltung, sondern nur von dem Vorwiegen des einen oder andern Systems gesprochen werden kann. Was nun die kirchenpolitische Gesetzgebung Öster- reichs anbelangt, so entspricht dem bereits erörterten Grundsatze individueller Glaubens- und Gewissensfreiheit hinsichtlich des Zusammenschlusses der Glaubens- genossen der Grundsatz der Religion s- oder Kultusfreiheit. In der österreichischenVerfassung wird erinVerbindung mit dem Grundsatze staat- licher Kirchenhoheit durch die folgenden Bestimmungen anerkannt: Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, ordnet und verwaltet ihre inneren Ange- legenheiten selbständig, bleibt im Besitze und Genüsse ihrer für Kultus-, Unter- richts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten und Fonds, ist aber wie jede Gesellschaft den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen. Den Anhängern eines gesetzlich nichtanerkannten Religionsbekenntnisses ist die häusliche Religions- übung gestattet, insoferne dieselbe weder rechtswidrig noch sittenverletzend ist. Auf Grund der solchermaßen für den Staat in Anspruch genommenen Kirchen- hoheit wurdenam 25. Mai 1868 drei Gesetze erlassen, welche die geänderte Stellung des Staates der Kirche gegenüber zum Ausdi'uck bringen. Das erste derselben stellt das büi-gerüche Eherecht für Katholiken wieder her, das dem Konkordat zufolge dem kanonischen Rechte hatte weichen müssen'). In dem zweiten Gesetze werden grundsätzliche Bestimmungen über das Verhältnis der Schule zur Kirche erlassen, um dem Staate die oberste Leitung und Aufsicht über das gesamte Unterrichts- und Erziehungswesen zu sichern^). Durch das dritte wurden die bereits auszugweise mitgeteilten Bestimmungen über die interkonfessionellen Verhältnisse erlassen^). Der Kündigung des Konkordates folgte erst 1874 die formelle Aufhebung des Patentes vom 5. November 1855 nach, womit das Konkordat als Staatsgesetz kundgemacht worden war. Gleichzeitig wurden die äußeren Rechtsver- hältnisse der katholischen Kirche geregelt. Die Bedingungen für die Anerkennung neuer Religionsgesellschaften sind in dem Gesetze vom 20. Mai 1874 aufgestellt. Bedingungen für die Anerkennung ^) Wenn der zuständige Seelsorger die Vornahme des Aufgebots oder seine Mitwirkung bei der Eheschließung aus Gründen, welche in den Staatsgesetzen nicht enthalten sind, verweigert, so tritt an seiner Stelle die weltliche Behörde ein (sogenannte Notzivilehe). Ihr stehen auch jene Amtshandlungen zu, welche die Ehegesetzgebung den Seelsorgern zuweist, soweit sie eine Person betreffen, die keiner gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehört.— ') Vergl. .das XLL Kapitel.— ^) Entwickelung und Gesichtspunkte der kirchenpolitischen Gesetzgebung Ungarns sind ähnlich wie jene in Österreich. Die Beziehungen der gesetzlich anerkannten christlichen Konfessionen wurden 1868 auf dem Fuße der Gleichberechtigung und Gegenseitigkeit geordnet. Den gleichen Grundsatz führt ein Gesetz von 1894 hinsichtlich der Religion der Kinder durch. 1867wurden die Israeliten hinsichtlichder bürgerlichen und politischenRechte den Christen gleichgestellt; 1895 wurde die israelitische Religion gesetzlich anerkannt und in die interkonfessio- nelle Regelung einbezogen. Ein weiteres Gesetz von 1895 sichert die Glaubens- und Gewissens- freiheit und regelt die Bedingungen für die Anerkennung neuer Religionsgesellschaften. Gesetze von 1894und 1895haben die bürgerliche Eheschließungund staatlicheMatrikenführung eingeführt.
zurück zum  Buch Österreichische Bürgerkunde"
Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
Geschichte Vor 1918
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Österreichische Bürgerkunde