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Österreichische Bürgerkunde
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XXXIII. Die richterliche Gewalt u. s. w. 145 sie über die Gültigkeit von Verordnungen; die Kompetenz der verordnenden Behörde, die gehörige Kundmachung der Verordnung, die Zulässigkeit des Ver- ordnungsweges und die Gesetzmäßigkeit des Inhaltes der Verordnung unterliegen gerichtlicher Prüfung. Durch diese Bestimmungen werden Eingriffe in die Judi- katur von unberufener Seite (sogenannte Kabinetts-, Ministerial- oder Parla- mentsjustiz) ausgeschlossen^). Außerdem stellt das Staatsgrundgesetz über die richterliche Gewalt die folgenden Grundsätze auf, um die Rechtspflege so sicher und unabhängig wie nur möglich zu gestalten: „Die Verhandlungen vor dem erkennenden Richter sind in Zivil- und Strafrechtsangelegenheiten mündlich und öffentlich. Die Ausnahmen bestimmt das Gesetz. Im Strafverfahren gilt der Anklageprozeß. Bei den mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen, welche das Gesetz zu be- zeichnen hat, sowie bei allen politischen oder durch den Inhalt einer Druckschrift verübten Verbrechen und Vergehen entscheiden Geschworene über die Schuld des Angeklagten." Die Mündlichkeit der Verhandlung erleichtert die Er- mittlung der Wahrheit durch Wechselrede, Kreuzverhör und durch die Unmittel- barkeit des Eindruckes. Die Öffentlichkeit verschärft die Kontrolle der Recht- sprechung; sie trägt mit bei zur Hebung des allgemeinen Rechtsbewußtseins und gelegentlich auch zur Aufhellung des Tatbestandes. Aus der im IL Kapitel vorgeführten Gliederung des Rechtes ergeben sich die folgenden drei Hauptgebiete der Rechtsprechung: das Privatrecht, das Straf- recht und das übrige öffentliche Recht^). Ihnen entsprechen als besondere Arten des Verfahrens, um bestrittenes Recht zu ermitteln: der Zivilprozeß, der Straf- prozeß und der Administrativprozeß. Die Gerichte, die regelmäßig auf dem Gebiete des Privatrechtes und des Strafrechtes entscheiden, werden im Gegensatze zu allen anderen Organen der Rechtsprechung als ordentliche Gerichte bezeichnet^). Die Rechtsprechung in Verwaltungsangelegenheiten obliegt zunächst den Verwaltungsbehörden. Es entspricht jedoch der Idee des Rechtsstaates, daß auch hier eine mit allen Garantien der richterlichen Unabhängigkeit ausgestattete — wenn auch nur außerordentliche— Rechtshilfe statthabe. Sie wird gewährt durch den Verwaltungsgerichtshof und das Reichsgerich t*). Über Ministeranklagen entscheidet der Staatsgerichtshof. Von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes, die in letzter Linie über die Rechtmäßig- keit der Verwaltung entscheiden, wird im XXXVI. Kapitel die Rede sein; hier sind zunächst die Grundzüge der Organisation der ordentlichen Gerichte kurz darzustellen, die man als Gerichtsverfassung zu bezeichnen pflegt. Ebenso wie dieVerwaltungsbehördensindauch die Gerichteeinanderteüsneben- geordnet, teüs über- und untergeordnet. In gegenseitiger Unabhängigkeit bestehen nebeneinander Gerichte, denen Geschäfte grundsätzlich gleicher Art, aber jedem •für einen bestimmten räumlichen Umkreis, für seinen Gerichtssprengel, zugewiesen sind. Aus der Über- und Unterordnung der Gerichte ergibt sich ihre Gliederung nach Instanzen; darnach sind die übergeordneten Gerichte unter gewissen Voraussetzungen berufen, dieEntscheidungen der ihnen untergeordnetenaufzuheben ^) Bezüglich des kaiserlichen Begnadigungs- und Abolitionsrechtes vergl. S. 78. — *) Vergl. oben S. 30. — *) Gewisse Privatrechtsangelegenheiten sind jedoch außerordent- lichen Gerichten zugewiesen, z. B. den Gewerbegerichten oder den Patentgerichten.— •) Über weitere Aufgaben des Reichsgerichtes vergl. S. 158. Rauchberg, Bürg-erkunde. \Q
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Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
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