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Österreichische Bürgerkunde
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XXXIV. PrivcUrecht und Zivüprozeß. 151 Das Inquisitions- oder Untersuchungsprinzip, wonach das Gericht von Amts wegen vorzugehen und für die Erforschung der Wahrheit zu sorgen hat, ist im modernen Zivilprozeß beschränkt auf gewisse Befugnisse des Richters, um das öffentliche Interesse an dem glatten Verlaufe des Prozesses und an der Ermittlung des Rechtes innerhalb der Grenzen des Parteibegehrens zu verwirklichen. Dem gleichen Zwecke dient die Unmittelbarkeit des Verfahrens durch mündhche Ver- handlung des Richters mit den Parteien und ihren Vertretern; doch wird dadurch die Verwendung gewisser vorbereitender oder das Ergebnis der Verhandlung zu- sammenfassender Schriftsätze nicht ausgeschlossen. Die öffenthchkeit der Ver- handlung bildet eine Gewähr für die Ordnungsmäßigkeit aller Vorgänge. Der Grundsatz materieller Wahrheit endlich kommt darin zum Ausdruck, daß der Richter Einfluß nehmen kann auf die Vollständigkeit der Verhandlung und auf die Feststellungen; ihm dient vor allem auch das Prinzip der freien Beweis- würdigung. Darnach ist die Beurteilung der Beweisergebnisse Sache des Richters; er ist dabei nicht, wie früher, an bestimmte „Beweisregeln" gebunden. An ihm ist es ferner, die Normen zu kennen und heranzuziehen, die auf das Tat- sachenmaterial anzuwenden sind (iura novit curia). Eine besondere Art des zivilgerichtlichen Verfahrens ist das Konkurs- verfahren. Es tritt dann ein, wenn ein Schuldner überschuldet oder zahlungs- unfähig ist und soll verhindern, daß durch das Vorgreifen einzelner Gläubiger die andern geschädigt werden. An die Stelle der Einzelexekutionen tritt daher die Beschlagnahme undVersilberung des gesamten Vermögens, um, soweit dieses eben reicht, alle Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen; das schheßt die Vorzugs- stellung gewisser Gläubiger aus fiskalischen oder sozialpolitischen Gründen nicht aus. Das Konkursverfahren ist in Österreich geregelt durch die Konkursordnung vom 25. Dezember 1868. Die Zivilgerichte dienen der Privatrechtsordnung nicht nur dadurch, daß sie Prozesse entscheiden, sondern auch, indem sie der Entstehung von Rechts- streitigkeiten vorbeugen. Zu diesem Zwecke haben sie gewisse Rechtsbeziehungen bei ihrer Begründung oder weiterhin während ihres Bestandes unter ihren Schutz zu nehmen. Darin besteht die sogenanntefreiwilligeGerichtsbarkeit. Im Gegensatze zum Prozesse wird der Vorgang hiebei als „Verfahren außer Streit- sachen" bezeichnet. Es wird durch das kaiserliche Patent vom 9. August 1854 geregelt und betrifft hauptsächlich die Abhandlung der Verlassenschaften, die Vormundschafts- und Kuratelsangelegenheiten, Fideikommisse, Adoption, Legiti- mation, Entlassung aus der väterlichen Gewalt, ferner freiwillige Schätzung und Feilbietung, gerichtliche Zeugnisse und Beglaubigung von Urkunden. Aufgabe der freiwüligen Gerichtsbarkeit ist in erster Linie die ordnungs- und zweckmäßige Gestaltung gewisser Rechtsgeschäfte. Sie bezweckt nicht oder doch nicht aus- schließlich festzustellen, was Rechtens ist, sondern wird in vielen Punkten ebenso wie die Verwaltung von der Rücksicht auf den angestrebten Erfolg, also von Zweckmäßigkeitserwägungen geleitet. Manche Obliegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit können geradezu als Verwaltungsaufgaben erklärt werden, die lediglich aus historischen Gründen oder wegen der größeren Rechtssicherheit den Gerichten anvertraut sind. Dazu gehört auch die Führung des Firmen- und Genossenschaftsregisters bei den Handelsgerichten und des
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Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
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