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Österreichische Bürgerkunde
Seite - 183 -
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XLII. AllgemeineGesichtspunkte der Wirtschafts-und Sozialpolitik. 183 wirtschaftlichen und gesellschaftlichenKräfte unterlassen, die demselben entgegen- stehenden Hindernisse beseitigen und sich auf den Schutz der Rechtsordnung be- schränken. Demgemäß wui'de gefordert: Freizügigkeit der Person und des Ver- mögens, Freiheit in der Richtung und Art der Erwerbstätigkeit, des Arbeitsver- trages, des Erwerbes und der Verwendung von Eigentum aller Art, insbesondere auch des Verkehres im Inlande und mit dem Auslände^). Diese Grundsätze haben die Wirtschaftspolitik fast aller Kulturstaaten im Laufe des 19. Jalirhunderts mehr oder weniger beherrscht. Sie haben zur Aufhebung der Gutsuntertänigkeit, der Zunftordnungenund der meisten anderen Einschränkungen der wirtschaftlichen Freiheit geführt. Dadurch ist der Weg für die kapitalistische Produktions- weise geebnet worden; diese strebt den höchstmöglichen Geldertrag durch Her- stellung von Waren für den Markt an. Für den Umfang und die Richtung der Produktion ist der unter Konkurrenz mit den anderen Unternehmungen im freien Verkehre zu erzielende Tauschwert der Waren maßgebend. Eine derartige Pro- duktion vermag aber nur derjenige zu organisieren, der das dazu erforderliche Ver- mögen besitzt ;Vermögen als das Mittelum Gelderträge zu erzielenwd als Kapital bezeichnet, Erfolg oder Mißerfolg der Produktion trifft zunächst den Kapitalisten; die von ihm beschäftigten Arbeiter werden mit einem festen Betrage abgelohnt und die dadurch erzielten Überschüsse dem Kapital zugerechnet. So ist der Gegen- satz zwischen Kapital und Arbeit und die auf diesem Gegensatze beruhende A r- beiterfrage entstanden; wegen ihrer Wichtigkeit für das gesamte gesell- schaftliche Leben wird sie oft schlechthin als die „s o z i a 1 e Frage" bezeichnet. Solange derStaat indenInteressengegensatz zwischen Kapital nichtvermittelnd undordnend eingriff, bliebdasKapitaldenunorganisiertenArbeiterngegenüberinder Regel überlegen. Die Arbeiter mußten sich zu Löhnen verstehen, die sie auf die Notdurft des Lebens beschränkten und ihre Nachkommenschaft der Degeneration aussetzten. Die ökonomische Theorie jener Zeit glaubte als den „natürlichen" Preis der Arbeit denjenigenLohn bezeichnen zu können, der den Arbeiter gerade in den Stand setzt, selbst zu bestehen und sein Geschlecht fortzupflanzen ohne Vermehrung oder Verminderung^). Bessere Arbeitsbedingungen konnten die Arbeiter in der Regel nur durch Koalitionen, durch Vereinigungen erzielen, um den Lohn mit den Unternehmern für die ganzen Betriebe oder für größere Gruppen von Arbeitern zu vereinbaren^). Aber auch Koalitionen,vermögen die Lage der Arbeiter nicht mit Sicherheit zu bessern; die Versuche, durch Arbeitseinstellungen (Streiks) bessere Arbeits- ^) Nach dem Hauptsitze der Freihandelsbewegung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird jene Richtung als Manchesterschule oder Manchestertum bezeichnet. — 2) Dieser Satz ist von dem Organisator der deutschen Arbeiterbewegung Ferdinand Las salle (1825—1864) als das „eherne Lohngesetz" bezeichnet und agitatorisch verwertet worden. Vergl. B. Harms: „Ferdinand Lassalle und seine Bedeutung für die deutsche Sozial- demokratie". Jena 1909.— ^) Bis zum Jahre 1870 waren in Österreich die Verabredungen von Arbeitnehmern, imi bessere Löhne oder Arbeitsbedingungen zu erzwingen, anderseits aber auch Verabredungen von Arbeitgebern zur Herabdrückimg des Lohnes oder der Arbeitsbedingimgen strafgesetzlich verboten. 1870 wurde das Koalitionsverbot aufgehoben; nur die widerrechtliche Beeinträchtigung des freien Entschlusses ist noch mit Strafe bedroht.
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Österreichische Bürgerkunde
Titel
Österreichische Bürgerkunde
Autor
Heinrich Rauchberg
Verlag
Verlag von F. Tempsky
Ort
Wien
Datum
1911
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.4 x 24.0 cm
Seiten
278
Kategorien
Geschichte Vor 1918
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