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200 XLV. Der Verkehr.
erklärt und blieb auch nach der Aufhebung jenes Währungsvertrages (1866) in
Kraft. Bei dem Ausgleiche mit Ungarn (1867) wurde bestimmt, daß das Geldwesen
Österreichs und Ungarns übereinstimmend zu ordnen sei^) und die österreichische
Währung bis auf weiteres in beiden Staaten fortbestehen solle.
Die Finanznot hatte jedoch schon seit langem zur Ausgabe großer Mengen
von Staatspapiergeld geführt. Auch hatte der Staat wiederholt Darlehen bei der
privilegierten österreichischen Nationalbank, die 1878 in die österreichisch-
ungarische Bank umgewandelt worden ist, aufgenommen. Der Verpflichtung,
ihre Noten bar einzulösen, war die Bank enthoben; Staatspapiergeld und Bank-
noten hatten Zwangskurs. Die Silbermünzen wurden lange Zeit mit einem Aufgeld
(Agio) bezahlt und hielten sich nicht im Verkehr; er war in Wh-klichkeit auf die
Papierwährung gestellt. Die Staatsnoten wurden anläßlich des Ausgleichs mit
Ungarn als eine gemeinsame schwebende Schuld^) Österreichs und Ungarns er-
klärt ; ihre Umlaufsmenge wurde gesetzlich beschränkt und der Übergang zur Gold-
währung in Aussicht genommen.
Erst gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts konnte dieser Plan unter
wesentlich geänderten Verhältnissen durchgeführt werden. Im Laufe der Siebziger-
jahre sank nämlich das Silber auf dem Weltmarkte starkim Preise und das „Agio"
hörte auf. Um einer Entwertung der österreichischen Währung vorzubeugen,
wurde 1879 in Österreich wie in Ungarn die Silberprägung für private Rechnung
eingestellt. Infolgedessen konnte die österreichische Währung einen Seltenheits-
preis behaupten, der den Edelmetallgehalt des Süberguldens erheblich überstieg.
Wegen seiner Entwertung und ilirer Rückwh-kung auf die auswärtigen Wechsel-
kurse eignete sich aber das Silber nicht mehr zur Währungsgrundlage. Der Zeit-
punkt war gekommen,um durch die Einführung der Goldwährung und die Be-
seitigung des Staatspapiergeldes geordnete Währungsverhältnisse herzustellen.
Das war die Aufgabe der sogenannten Valutaregulierung. Sie besteht
der Hauptsache nach aus den folgenden Maßnahmen, die auf Grund eines mit
Ungarn im Jahre 1892 abgeschlossenen, seither mehrmals ergänzten und bis zum
Ende des Jahres 1917 verlängerten Münz- und WährungsVertrages in beiden
Reichshälften gleichmäßig durchgeführt worden sind:
An die Stelle der bisherigen österreichischen Währung trat eine Gold-
währung mit der Ki'one als Rechnungseinheit (Kronenwährung). Aus
einem Kilogi-amm reinen Goldes werden 3280 Kronen ausgeprägt. Die Krone
wird in 100 Heller eingeteilt. Als Scheidemünzen^) wurden eingeführt Fünf-
ki'onen- und Einkronenstücke aus Silber, dann Nickelmünzen (20 und
10 h) und Bronzemünzen (2 und 1 h). Diese Scheidemünzen haben im
Privatverkehr nur beschränkte Zahlki'aft, werden aber von der staatlichen
Verwechslungskasse in jedem Betrage angenommen. Das Goldquantum,
das in der neuen Währung an die Stelle eines Guldens der alten
Währung trat, die sogenannte Relation, entspricht dem mittleren Kurs-
werte der österreichischen Währung während der Jalire 1879—1891. Darnach
^) Vergl. oben S. 64.— ') Der Begriff der schwebenden Schuld wird im LI. Kapitel erklärt
werden. Vergl. S. 232. — ') 1892—1909 wurden im ganzen 1250 MillionenK in Goldmünzen der
Kronenwährung ausgeprägt. Hievon blieben aber nur rund 250 Millionen im Verkehr, der noch
immer Banknoten vorzieht. Während des gleichen Zeitraums wurden 329 i\Iillionen K in Silber-
münzen, 74 Millionen in Nickelmünzen und 1*7 Millionen in Bronzemünzen ausgemünzt.
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Österreichische Bürgerkunde
- Titel
- Österreichische Bürgerkunde
- Autor
- Heinrich Rauchberg
- Verlag
- Verlag von F. Tempsky
- Ort
- Wien
- Datum
- 1911
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.4 x 24.0 cm
- Seiten
- 278
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918