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202 XLV. Der Verkehr.
hinter der ausgegebenen Notenmenge zurückbleiben. Darin liegt die Ersparnis für
die Volkswirtschaft.
Wegen der Wichtigkeit der Banknoten für die Volkswirtschaft steht das Recht
der Notenausgabe in den meisten europäischen Staaten nur einer einzigen (Mono-
pol-)ßank unter den staatlich festgesetzen Bedingungen und staatlicher Aufsicht
zu. Die Notenbank erhält dadurch den Charakter einer staatlichen Anstalt,
bleibt aber im übrigen eine private Erwerbsunternehmung, für deren Betrieb
vor allem die Regeln der Banktechnik maßgebend sind. Auch die österreichisch-
ungarischeMonarchie besitztnur eine einzige Notenbank,dieösterreichisch-
u ng a r i s ch e B a n k. Sie ist im Jahre 1887 an die Stelle der 1816 gegründeten
privilegierten österreichischen Nationalbank getreten, nachdem Österreich und
Ungarn dahin übereingekommen waren, von dem ihnen zustehenden Rechte,
selbständige Notenbanken zu errichten, keinen Gebrauch zu machen. Ihr Privileg
wird von Zeit zu Zeit durch gleichlautende österreichische und ungarische Gesetze
verlängert; das gegenwärtige Privileg läuft bis zum Ende des Jahres 1917. Auf
die Verwaltungund die Aufsicht derBankhabenÖsterreichundUngarn dengleichen
Einfluß.
In diesemZusammenhange sind nur die Bestimmungen über die Banknoten-
ausgabe zu besprechen. Der Gesamtbetrag der umlaufenden Banknoten muß
zumindest zu zwei Fünfteln in Gold, der Rest „bankmäßig" (d. h. durch eskomp-
tierte Wechsel, Effekten und Warrants^), verpfändete Wertpapiere und Edel-
metalle, eingelöste Effekten und Kupons oder durch Devisen^)) bedeckt sein.
Die Noten dürfen auf keinen niedrigeren Betrag lauten als auf 10K. Mindestens
160 Millionen Zehnkronennoten müssen ständig im Umlauf erhalten werden;
anderseits können aber die Regierungen auch einen Höchstbetrag für den Umlauf
von Zehnkronen- und Zwanzigkronennoten festsetzen. Übersteigt der gesamte
Notenumlauf den Metallvorrat der Bank um mehr als 000 MilUonen Kronen (bis
1911 400 Millionen Kronen), so hat die Bank von dem Überschusse eine jährliche
Steuer von fünf Prozent zu entrichten. Darin besteht die sogenannte indirekte
Kontingentierung des Notenumlaufes. An dem Gewinn der Bank sind die beiden
Staaten beteiligt.
Trotz der Suspendierung der Bareinlösung ist die Bank infolge der ausreichen-
den Bardeckung der Noten jederzeit in der Lage, die rückströmenden Noten bar
einzulösen. Durch den Zinsfuß des Diskonto- und Lombardgeschäftes (Diskonto-
politik) übt die Bank einen mächtigen Einfluß auf die Höhe ihres Metallvorrates
sowie der Wechselkurse, mithin auch auf den Edelmetallverkehr mit dem Auslande
und den inländischen Geldvorrat aus. Sie ist verpflichtet,mit allen ihr zur Ver-
fügung stehenden Mitteln dafür zu sorgen, daß der im Kurse der ausländischen
Wechsel zum Ausdruck gelangende Wert ihrer Noten der Parität des gesetzlichen
Münzfußes der Kronenwährung dauernd entspreche, welche sich aus den gesetz-
lichen Bestimmungen über Gewicht und Feinheit ihrer Münzen im Vergleich zu
jenen der anderen Goldwährungsländer ergibt. In der erwähnten fünfprozentigen
*) Warrants oder Lagerscheine sind Bescheinigungen der öffentlichen Lagerhäuser über
die daselbst eingelagerten Waren. Sie repräsentieren die Waren und dienen zu ihrer Übertragung
und Verpfändung.— *) Devisen sind Wechsel auf auswärtige Bankplätze; bis zum Betrage von
60 Millionen dürfen auf Gold lautende Devisen in den Goldschatz der Bank eingerechnet werden.
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Buch Österreichische Bürgerkunde"
Österreichische Bürgerkunde
- Titel
- Österreichische Bürgerkunde
- Autor
- Heinrich Rauchberg
- Verlag
- Verlag von F. Tempsky
- Ort
- Wien
- Datum
- 1911
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.4 x 24.0 cm
- Seiten
- 278
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918