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210 XLVI. Die soziale Fürsorge.
über die Anzahl, Häufigkeit und Benützung der Postanstalten, sowie über die
Länge der Telegraphenlinien in den einzelnen Ländern enthält die Tabelle 26 des
Anhangs.
7. Maß und Gewicht.
Durch die neue Maß- und Gewichtsordnung ist im Jahre 1871 in Österreich
das metrische System eingeführt worden. Um dasselbe international einheitlich
zu gestalten und zu vervollkommnen, hat die überwiegende Mehrzahl der Kultur-
staaten 1875 eine Konvention abgeschlossen. Die Kichtigkeit der im öffentlichen
Verkehr verwendeten Maße, Gewichte und Wagen wird durch amtliche Eichung
und Stempelung gewährleistet. Die technische Seite des Eichwesens wd von
einer Normaleichungskommission geregelt; zur Durchführung des Eichdienstes
sind staatliche Eichämter eingerichtet.
XLVI. Die soziale Fürsorge.
1. Allgemeine Gesichtspunkte.
Die soziale Fürsorge unterscheidet sich von der privaten Wohltätigkeit dm'ch
ihren Ausgangspunkt, durch ihre Absichten und durch ihre Mittel. Durch ihren
Ausgangspunkt, indem sie die Massenerscheinung der Armut und Not als eine
Wirkung gesellschaftlicher Verhältnisse auffaßt, die mit durchgreifendem Erfolg
nur durch Maßnahmen der Gesellschaft und der öffentlichen Verwaltung bekämpft
werden kann. Durch ihre Absicht, indem sie nicht nur individuelle Leiden lindern,
sondern den Zustand der Gesellschaft überhaupt verbessern will. Denn trotz aller
Gegensätze im Einzelnen besteht eine weitgehende Solidarität zwischen allen
Klassen und Gliedern der menschlichen Gesellschaft ; im Guten wie im Schlimmen
wirkt die Lage jedes ihrer Bestandteile auf alle anderen zurück. Dadurch erweist
sich das Sittengebot werktätiger Nächstenliebe auch vernunftgemäß als begründet.
Jeder nützt sich selbst, indem er anderen hilft, und jede Gesellschaftsklasse ver-
bessert ilire eigene Lage, indem sie die anderen Klassen fördert. Was endlich den
Unterschied der Mittel anbelangt, so wirkt die soziale Fürsorge durch kollektive
Organisationen, oft unterstützt durch obrigkeitliche Gewalt, und sie trachtet vor
allem der Not durch Beseitigung ihrer Ursachen vorzubeugen: die Prävention
überwiegt über die Repression.
In der sozialen Fürsorge trifft die Liebestätigkeit der Einzelnen mit der Arbeit
gesellschaftlicher Verbände und der öffentlichen Verwaltung zusammen. Sie
ergänzen und unterstützen einander. Hier kann nur der Anteil der öffentlichen
Verwaltung besprochen werden. Er bleibt nicht etwa auf bestimmte Verwaltungs-
zweige beschränkt; „soziale" Gesichtspunkte beherrschen zahlreiche Maßnahmen,
mit denen die öffentlichen Gewalten in die Gegensätze und Notstände des gesell-
schaftlichen Lebens eingreifen. Sie spielen mit bei der Ordnung des häuslichen
und landwirtschaftlichen Dienstbotenwesens, beim gewerblichen Arbeiterschutz,
bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, insbesondere durch die Organisation
der Arbeitsvermittlung, beim Kinderschutz, bei der Bekämpfung des Alkoholismus
und der Unzucht, bei der Wohnungsfürsorge; sie unterstützen die Sparsamkeit,
die genossenschaftliche Selbsthilfe, die Verbreitung und den Ausbau der Ver-
sicherungseinrichtungen und zahlreicher anderer Zweige der öffentlichen Wohl-
fahrtspflege. Aus der Fülle dieser Aufgaben wollen wir hier nur zwei der wichtigsten
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Buch Österreichische Bürgerkunde"
Österreichische Bürgerkunde
- Titel
- Österreichische Bürgerkunde
- Autor
- Heinrich Rauchberg
- Verlag
- Verlag von F. Tempsky
- Ort
- Wien
- Datum
- 1911
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.4 x 24.0 cm
- Seiten
- 278
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918