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Agnes60
Stoffstückes war vielleicht die Umhüllung einer Reliquie, oder es handelt sich um eine Ge-
wandreliquie der Gottesmutter, wie sie im Mittelalter verschiedentlich zum Reliquienschatz
von Marienkirchen gehörte, bevor es zum Schleier der A. avancierte. Ein weiteres Indiz für
die maßgebende Einflussnahme der Markgräfin auf die Klosterneuburger Stiftung ist die
feierliche Begehung ihres Todestages im Frauenstift, dessen Errichtung unter Propst Hart-
mann ganz dem Geist der Salzburger Chorherrenreform entsprach.
Der Heirat mit der Kaisertochter und -schwester ist es auch zu verdanken, dass Leopold
nach dem Tod seines Schwagers Kaiser Heinrich V. (23. Mai 1125) als Königskandidat auf-
treten konnte und durchaus nicht nur mit Außenseiterchancen, wobei einer der Konkurren-
ten sein Stiefsohn Herzog Friedrich II. von Schwaben war.
Laut dem Chronicon pii marchionis, einem Einschub in die Klosterneuburger Annalen um
1180, mit der Tendenz Leopold als pius zu stilisieren, gingen aus der Ehe insgesamt 22
Kin der hervor, sechs Söhne und fünf Töchter sowie sieben im Kleinkindalter verstorbe-
ne Kinder. Aufgrund der Tendenz der Quelle, die Ehe Leopolds und A.s als heiligmäßig
darzustellen, werden ihre erste Ehe sowie die Kinder aus dieser Ehe verschwiegen. Keine
Einigkeit herrscht in der Forschung über die Reihenfolge der Geburt der Kinder aus der
österreichischen Ehe. In Klosterneuburg befindet sich in der Babenberger-Gruft ein seit
Leopolds Heiligsprechung leerer Grabschacht mit einer Grabplatte von um 1500 darüber,
die Inschrift weist das Grab als die namenlosen, unschuldigen Kinder Leopolds aus; A. wird
nicht erwähnt. Wilhelm Muschka hat zudem den Versuch unternommen, die Geburten
dieser Kinder unter die bekannten bzw. eruierten Geburtsdaten der Babenbergerkinder ein-
zureihen, was mit Schwierigkeiten verbunden ist, sodass er in Frage gestellt hat, dass A. die
Mutter dieser war; auch die Vaterschaft Leopolds dieser Kinder hält er nicht für zweifellos
erwiesen.
Karl Lechner (1897–1975) hat die These aufgestellt, dass der älteste Sohn Adalbert, im
Chronicon pii marchionis, als primogenitus ausgewiesen, einer ersten Verbindung des Mark-
grafen entstammt haben soll, da er in einer spätestens Ende 1119 datierten Vertragsnotiz als
Vogt der Passauer Kirche auftaucht und zu diesem Zeitpunkt als Sohn der A. gerade 13 Jah-
re alt gewesen sein kann. Eine erste Ehe des Markgrafen ist jedoch quellenmäßig nirgends
verbürgt und schon gar nicht, dass die in Vorschlag gebrachte erste Frau dem Geschlecht
der Herren von Perg angehört habe. In den Urkunden wird Adalbert ganz selbstverständlich
zu den Söhnen der Markgräfin gerechnet (Weller 2004). Eine DNA-Analyse hat zudem
erbracht, dass Adalbert ein Agnessohn sei, doch ist es zweifelhaft, ob die untersuchte Person
auch Adalbert war. Insgesamt sind aus den zwei Ehen der Salierin 14 Kinder bekannt, die
das Erwachsenenalter erreichten.
Leopold war am 15. November 1136 wohl eines natürlichen Todes gestorben. Ein an A. ad-
ressiertes Beileidsschreiben des Papstes Innozenz II. (amt. 1130 –1143) vom 8. Jänner 1137
mahnt die Familie zur Eintracht, was zumeist als Uneinigkeit der Söhne um die Nachfolge
interpretiert wird; das Schreiben verweist auch auf A.s Einfluss und dass sie es war, die (fa-
milien)politisch die Fäden in der Hand hielt. Nach Kaiser Lothars III. Tod, der sich 1125 in
der Königswahl durchgesetzt hatte, wurde ihr staufischer Sohn Konrad 1138 König, der sich
gegen den vom Süpplingenburger designierten Kandidaten, Herzog Heinrich „den Stolzen“
von Bayern (reg. 1126 –1139; seit 1137 Herzog von Sachsen) durchgesetzt hatte. In der Mark
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Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
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- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika