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Amsel100
nach Schwaz, wo ihre Zwillingsschwester Maria als Hausgehilfin tätig ist; ihr Bruder Josef
ist Unteroffizier in der Wehrmacht, ein zweiter Bruder ist in der Rüstungsindustrie tätig.
R. A. wird am 22. Juni 1943 verhaftet und noch am selben Tag von der Stapo Innsbruck
verhört. Sie gibt an, konfessionell stark gebunden zu sein, politisch jedoch völlig desinte-
ressiert. Sie hat bei einer Zusammenkunft mit Bekannten einen Zettel gezeigt, auf dem
in Spiegelschrift zu lesen war: „Hitlers Feldpostnummer: Mörder“. R. A. gibt an, den Text
bei ihrer Kollegin Aloisia Dengg gesehen zu haben. Sie hat diesen Text, in der Absicht
ihn weiterzuleiten, abgeschrieben. Es war ihr nach eigenen Angaben bewusst, dass der
Text gefährliche Feindpropaganda wäre und es sich außerdem nicht um einen Witz hand-
le, sondern um „einen defätistischen und zersetzenden Ausruf“. Das Geständnis endet
mit folgenden Worten: „Ich sehe heute die Schändlichkeit meines Verhaltens vollauf ein
und weiß auch, dass mich das Deutsche Volk aus seiner Gemeinschaft ausstoßen würde,
wenn ihm bekannt gegeben würde, dass ich den Führer des Deutschen Reichs gerade jetzt
im Kampf um Sein oder Nichtsein als Mörder bezeichnet und dafür gesorgt habe, dass
dieser Text weiter bekannt geworden ist.“ Am 1. Juli 1943 wird R. A. vorläufig aus der
Haft entlassen. Im Schlussbericht der Stapo-Innsbruck wird festgestellt, dass R. A. den
„hochverräterischen Text“ von ihrer Kollegin Elisabeth Dengg abgeschrieben hat, diese
hat den Text von ihrer Halbschwester Anna Margreiter erhalten, die über Paula Agerer
und Hermine Gerstner dazu gekommen war. In einem Schreiben des Oberstaatsanwaltes
beim Landgericht Innsbruck vom 15. Dezember 1943 werden die fünf Frauen der Wehr-
kraftzersetzung beschuldigt. Am 8. Februar 1944 wird der Akt zum Generalstaatsanwalt
nach Wien geschickt, wo erkannt wird, dass die Beschuldigten „in politischer Hinsicht
unreif und unerfahren sind“ und keine staatsfeindlichen Propagandaabsichten zu erken-
nen wären. Es wird daher empfohlen, die Beschuldigten nicht wegen Wehrkraftzerset-
zung, sondern „nur“ wegen Heimtücke anzuklagen. In einer politischen Beurteilung der
Gauleitung Tirol–Vorarl berg schreibt der Gaupersonalamtsleiter an den Oberstaatsanwalt
von Innsbruck am 3. Mai 1944 über R. A.: „Sie gilt als Oppositionsnatur, verkehrt nur in
gegnerischen Kreisen und hat für den Nationalsozialismus nichts übrig. Ihre politische
Zuverlässigkeit ist daher nicht anzunehmen.“ Das Sondergericht beim Landgericht Inns-
bruck verurteilt R. A. gemeinsam mit Elisabeth Dengg, Anna Margreiter und Hermine
Gerstner (Franberger) am 26. Mai 1944 zu neun Monaten Gefängnis wegen Vergehens
nach dem Heimtückegesetz.
Qu.: DÖW 11. 583.
L.: Dokumentationsarchiv 1984b. Karin Nusko
Amsel Lena; Tänzerin und Schauspielerin
Geb. Łódź, Polen, 1898
Gest. Paris, Frankreich, 1929
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: jüdischer Fabrikant; zwei Schwestern.
LebenspartnerInnen, Kinder: Ihre erste Ehe mit dem argentinischen Rittmeister Baron Se-
verin dauerte drei Monate. Danach ehelichte sie Graf Hugo Moy, von dem sie sich 1923
scheiden ließ, später den ungarischen Offizier und Piloten Emmerich von Jeszensky, und
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
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- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika