Seite - 307 - in biografiA. - Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Bild der Seite - 307 -
Text der Seite - 307 -
Bienenfeld | B 307
nals“ von den Salzburger Festspielen berichtete, in Salzburg, um anschließend an die Fest-
spiele ihren gemeinsam geplanten Urlaub in Italien anzutreten. Am 22. August 1929 befan-
den sich beide Schwestern im D-Zug nach Triest. Auf der Strecke zwischen Schwarzach-St.
Veit und Loifarn kam es zu einer Kollision des D-Zuges nach Triest mit einem Personenzug,
der aus Villach in der Gegenrichtung auf demselben Gleis unterwegs war, weil eine Weiche
falsch gestellt worden war. Durch die Kraft des Zusammenstoßes sprangen beide Lokomo-
tiven aus den Schienen. Vier Waggons des Schnellzuges und drei Waggons des Personenzu-
ges schachtelten sich ineinander. In den vorderen Waggons des D-Zuges befanden sich die
Schwestern Bienenfeld. Im Augenblick des Zusammenstoßes fiel ein schwerer Koffer aus
dem Gepäcknetz auf B. B., sodass diese eine Schädelfraktur erlitt und sofort tot war. Elsa
Bienenfeld blieb zwar unverletzt, erlitt aber angesichts der tragischen Umstände einen Ner-
venzusammenbruch und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. B. B. wurde wie ihre
Eltern auf dem Wiener Zentralfriedhof (1. Tor) begraben. Von ihrem Grab konnte nur mehr
die metallene Grabnummer über einem umgestürzten Grabsockel liegend gefunden werden.
B. B.s Grab liegt vermutlich in jenem Teil des Friedhofs, der im Krieg von den Bomben
zerstört worden war. Robert Tauber, Facharzt für Gynäkologie, hob in seinem Nachruf auf
B. B. hervor, dass sie zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht und in der Gesell-
schaft der Ärzte und der gynäkologischen Gesellschaft viele Vorträge und Demonstrationen
gehalten habe. Er wies darauf hin, dass sie sich besonders gern mit Studien auf dem Gebiet
der präklamptischen Zustände [jene, die den Mutterfraisen vorangehen] befasste und darü-
ber auch seinerzeit eine sehr beachtete Untersuchung veröffentlichte. Er verwies auch auf
die ordentliche Mitgliedschaft beim Fachärzteverband der Gesellschaft der Ärzte und der
gynäkologischen Gesellschaft hin sowie darauf, dass sie zahlreiche Referate für wissen-
schaftliche Zeitschriften besaß, in denen sie einen Überblick über erschienene fachwissen-
schaftliche Artikel bot. Er schrieb, dass mit ihr eine hervorragende Ärztin und ein wahrhaft
guter Mensch dahingegangen seien. Sechs Jahre nach ihrem Tod erinnerte im Abendblatt
der „Neuen Freien Presse“ ein Artikel einer Ärztin gezeichnet mit Dr. F. P. unter dem Titel
„Erinnerung an Dr. Bianca Bienenfeld“ daran, dass B. B. zuletzt mit einer umfassenden Ar-
beit auf dem Gebiete der Krebsforschung beschäftigt war. Im darauf folgenden Jahr erinner-
te ein weiterer Artikel unter demselben Titel, gezeichnet mit D. F. P. B., an sie, in welchem
sie als Vorbild mit ihrer Auffassung des ärztlichen Berufes und ihrer Güte in der Ausübung
der Heilkunde beschrieben wurde. Und noch im Jahre 1937 wurden in einem weiteren Er-
innerungsartikel mit dem Titel „Dem Andenken an die erste Frauenärztin in Oesterreich“
ihr tiefernster Forschungstrieb, ihr umfassendes Wissen und ihre unerschöpfliche Güte ge-
würdigt. Außerdem wurde festgehalten, dass sie in der Geschichte der Medizin als ein Ideal
einer Frauenärztin fortleben werde. B. B. war offenbar nicht nur eine Größe in ihrem beruf-
lichen Fachgebiet, die als Pionierin ihres Faches vielen später folgenden Kolleginnen diesen
Berufsweg erleichterte, sondern auch ein Mensch mit großem sozialem Gewissen.
Qu.: Geburtenbuch der IKG Wien; UA Wien, Rigorosenprotokoll, Nationale; Bibliographie
Kurs/Vortrag v. B. B., Urania d. Saisonen 1913 u. 1915/16.
L.: Arias 2000, Haas 2005, NFP 20. 8. 1936, 21. 8. 1937, NFP Abendblatt 21. 8. 1935, NWJ
2. 3. 1922, 31. 5. 1923, 23. 8. 1929, 23. 8. 1936
Eva Taudes
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika