Seite - 368 - in biografiA. - Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Bild der Seite - 368 -
Text der Seite - 368 -
B |
Bohny-Reiter368
bei Danzig, wo sie Schienen verlegen musste. Später wurde sie nach Pommern überstellt,
wo sie 1945 von der Roten Armee befreit wurde. Sie kehrte nach Wien zurück und war
wiederum für die Hilfsstelle tätig. Sie begleitete ihren Sohn Hans in die USA, wo sie bis an
ihr Lebensende karitativ tätig war.
L.: Groppe 1978, Kronthaler 2004
Bohny-Reiter Friedel; Krankenschwester, Malerin und Widerstandskämpferin
Geb. Wien, 20. 5. 1912
Gest. Basel, Schweiz, 18. 12. 2001
LebenspartnerInnen, Kinder: Heiratete im März 1944 August Bohny, Lehrer und Leiter
von Kinderheimen der „Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder (SAK)“; Kinder:
Jörg (* 1945); Verena (* 1946); Hans Rudolf (1948–1974); Christoph (1951–1989); Aufnah-
me des Ziehsohnes Ralph Abegg von 1968–1972.
Ausbildungen: Ausbildung zur Krankenschwester in Zürich.
Laufbahn: Wurde 1914 mit anderen Kindern aus Wien evakuiert und verbrachte die Kriegs-
jahre in Melk an der Donau. Der Vater starb an der Front. F. R.-B. kehrte 1919 zurück in die
Hauptstadt und kam 1920 im Rahmen einer Kinderverschickungsaktion des Roten Kreuzes
in die Schweiz. Sie wurde von ihrer Pflegefamilie Nägeli-Zöbeli in Kilchberg behalten und
konnte hier auch zur Schule gehen. Nach einer Ausbildung zur Krankenschwester arbeitete
sie eineinhalb Jahre in Florenz. Anschließend meldete sie sich bei der Schweizer „Arbeits-
gemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder (SAK)“, die 1941 vom Schweizer Roten Kreuz
(SRK) übernommen wurde. Ab dem 12. 11. 1941 und bis zu dessen Schließung im Jahr da-
rauf versah sie den Dienst im südfranzösischen Internierungslager Rivesaltes bei Perpignan.
Im Rahmen ihrer Arbeit lernte sie ihren Mann August Bohny kennen, der als Leiter von
Kinderheimen der SAK wirkte. Obwohl die HelferInnen der SAK sich strikt neutral zu
verhalten hatten, hielt sich F. B.-R. nicht an dieses Gebot. Um jüdische Menschen vor der
Deportation zu bewahren, fälschte sie Passierscheine, änderte Namen, stellte Taufscheine
aus oder schmuggelte Kinder aus dem Lager, die dann versteckt wurden. Außerdem arbeite-
te sie mit Elisabeth Eidenbenz für das Mütterheim Elne. Nach der Schließung des Lagers
leitete sie ab Januar 1943 das Kinderheim Haus Abric in Le Chambon sur Lignon in den
Nord-Cevennen. Im Dezember 1944 verließ sie zusammen mit August Bohny, den sie mitt-
lerweile geheiratet hatte, Frankreich und ließ sich wieder in der Schweiz nieder. Basierend
auf ihren Erinnerungen aus Rivesaltes fertigte sie Gemälde an, die in diversen Ausstellun-
gen gezeigt wurden. Ihre Erlebnisse im Lager hielt sie in einem Tagebuch fest, das 1995
unter dem Titel „Vorhof der Vernichtung“ erschien, ins Französische übersetzt wurde und
1997 zum Dokumentarfilm „Le Journal de Rivesaltes“ adaptiert wurde.
Ausz.: Ehrung als „Gerechte der Völker“ durch Yad Vashem 1990; Verleihung des „Moral
Courage Awards“ 1994.
Qu.: Nachlass von F. B.-R. im Archiv für Zeitgeschichte (Zürich).
W.: „Vorhof der Vernichtung. Tagebuch einer Schweizer Schwester im französischen Inter-
nierungslager Rivesaltes 1941–1942“ (1995)
L.: Dokumentarfilm: Journal de Rivesaltes 1941– 42 (F), CH 1997 77. Regie: Jacqueline
Veuve, Kanyar-Becker 2004, http://www.gerechte-der-pflege.net/
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika