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Brück | B 437
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Milan Morgenstern (1895–1954), Heilpädagoge und Psy-
chologe, Freudschüler, war nach 1910 bei der Buchhandlung Heller in Wien beschäftigt und
bekannt mit Franz Werfel, Stefan Zweig und Rainer Maria Rilke, erhielt über Walter Gro-
pius ein Stipendium ans Bauhaus in Weimar und war in Berlin Leiter einer Beratungsstelle
für jugendliche RechtsbrecherInnen der Internationalen Arbeiterhilfe; Mutter: Sophie Alice
Hirschberg (1896–1981), Erzieherin für behinderte Kinder; Bruder: Franz Stephan (* 1929),
in London Psychiater für spastisch gelähmte und geistig behinderte Kinder; Großmutter und
Tante väterlicherseits wurden im November 1942 nach Theresienstadt deportiert und ermordet.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1947 Heirat mit Josef Brück (* 1924), Grafiker und Maler, 1970
Trennung; Sohn: Alexander (* 1951), Fotograf für Dokumentarfilme, Hilfskantor.
Ausbildungen: Ab 1933 Volksschule in Wien-Brigittenau; ab 1936 Schwarzwald-Schule;
Internatschule der Quäkerinnen in GB; High School in Oxford; 1944–1947 Studium der
„Modern Languages“ (Deutsch und Französisch) an der St. Anne’s University in Oxford
(mit Stipendium), Abschluss mit B. A.; besuchte zudem Vorlesungen über russische Literatur.
Laufbahn: Aufgrund rassistischer und politischer Verfolgung durch das NS-Regime floh die
Familie Morgenstern 1933 aus Berlin nach Wien. Nach dem Einmarsch Hitlers gab es auch
hier eine Hausdurchsuchung, und die Familie musste im April 1938 über die Schweiz nach
Paris und von Calais aus nach Großbritannien fliehen. Das Permit dazu hatte der englische
Spielwarenerzeuger Paul Abatt erwirkt, mit dem E. B.s Vater aufgrund seiner heilpädago-
gischen Kenntnisse 1937 eingeladen gewesen war. In London arbeitete E. B.s Mutter für
das „Jewish Council“ und verdiente den Lebensunterhalt mit dem Nähen von Gasmasken
aus buntem Wachstuch. E. B. besuchte gemeinsam mit ihren Eltern das Austrian Centre
in London und das „Laterndl“. Dann übersiedelte die Familie nach Oxford. E. B. wurde
Mitglied der Austrian Youth und nahm an den wöchentlichen Kulturveranstaltungen und
Vorträgen des Refugee Club in der St. James Church Hall teil. Hierbei lernte sie ihren späte-
ren Ehemann Josef Brück kennen, der 1939 mit einem Kindertransport aus Österreich über
die CSR nach GB gelangt war. Nachdem sie im Jahr 1947 ihr Studium abgeschlossen hatte,
wurde sie erstmals schriftstellerisch tätig und verfasste Reportagen für den Rundfunk und
verschiedene Zeitungen. E. B. unterrichtete Französisch, Deutsch und Geschichte an der
Privatschule Crane’s Court. Durch ihre Eheschließung erhielt sie 1947 die österreichische
StaatsbürgerInnenschaft und machte Rückkehrpläne nach Wien. Ihr Ehemann war indes
nach seinen Eltern, die aus dem galizischen Brody stammten und 1918 nicht für Öster-
reich optiert hatten, nun in der Sowjetunion beheimatet. Aus politischer Überzeugung ließ
er sich auf die sowjetische Repatriierungsliste setzen. Im Jahr 1949, ungeduldig über die
schleppende bürokratische Abwicklung des Antrages, beschlossen E. B. und J. Brück ohne
Reisepapiere, ausgestattet nur mit einem „Staatenlosen Ausweis“, in die Sowjetunion zu
fahren. Über Aachen, Hamburg und West-Berlin gelangten sie nach Ost-Berlin, wo ihnen
die Papiere abgenommen wurden. Zunächst wollten sie nach Großbritannien zurückkehren,
ließen sich dann aber in Ost-Berlin nieder, „wo ich glaubte, bei der Schaffung eines gerech-
teren, nazi-freien Deutschland mitwirken zu können“ (E. B. in: Bolbecher/Kaiser 2000). Im
Jahr 1958 erhielt sie die deutsche StaatsbürgerInnenschaft. E. B. arbeitete als Journalistin
unter anderem für „Das Magazin“ (Chefredakteurin Hilde Eisler), die internationale Ge-
werkschaftszeitung „Lehrer der Welt“, bei der sie die englische Ausgabe betreute, „Frau von
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika