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Bruha | B 443
alisten schloss sich das Ehepaar Bruha einer Widerstandsgruppe der Wiener Tschechen an,
deren Kern sich aus den Mitgliedern des Turnvereins rekrutierte. Die von Alois Valach und
Alois Houdek geleitete Gruppe war überparteilich organisiert und stand auch Personen, die
nicht der tschechischen Minderheit angehörten, offen. Im Rahmen der illegalen Arbeit war
A. B. an der Herstellung und Verteilung meist von ihr verfasster Flugschriften beteiligt, mit
denen die Gruppe die Bevölkerung über den Charakter der nationalsozialistischen Dikta-
tur aufzuklären versuchte. Die Gruppe appellierte insbesondere an Österreicher böhmischer,
slowakischer oder mährischer Herkunft, sich dem Dienst in der Wehrmacht zu entziehen.
Gemeinsam mit dem Schutzbündler Franz Nakovitz war A. B. auch an der Vorbereitung
und Durchführung von Brandanschlägen auf Wehrmachtseinrichtungen im Wiener Raum
beteiligt. Als Kurierin hielt sie die Verbindung mit einer Gruppe des tschechischen Wider-
stands aufrecht. 1940 zog sie sich aus der aktiven Widerstandstätigkeit zurück, da sie ein Kind
erwartete. Im selben Jahr gelang es der Gestapo, einen Agenten in die Gruppe einzuschleu-
sen. Der im Frühjahr 1941 einsetzenden Verhaftungswelle fiel im Oktober auch das Ehepaar
Bruha zum Opfer. Während Josef Bruha, der in der kriegswichtigen Produktion beschäftigt
war, entlassen und unter Gestapo-Beobachtung gestellt wurde, blieb A. B. in Haft. Im Zuge
der Verhöre war sie schweren physischen und psychischen Misshandlungen ausgesetzt. So
nahm man ihr die drei Monate alte Tochter, die mit ihr zur Gestapo gebracht worden war,
weg und ließ sie über das weitere Schicksal des Kindes im Ungewissen. Später legte man ihr
ein angebliches Todesurteil eines SS-Schnellgerichts zur Unterschrift vor. Nach einjähriger
Haft in den Gefangenenhäusern Roßauer Lände und Schiffamtsgasse, die sie großteils in ei-
ner Einzelzelle verbüßte, wurde A. B. am 26. September 1942 unter dem Vermerk „Rückkehr
unerwünscht“ ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überstellt. Nachdem sie zunächst
Schwerarbeit im Außendienst leisten musste, kam sie in die Zuschneiderei. Auf Anraten ihrer
Blockältesten Rosa Jochmann bewarb sie sich als Schreiberin im Krankenrevier, wobei ihr
ihre Sprachkenntnisse zugute kamen. In dieser Position versuchte sie in Zusammenarbeit mit
anderen Häftlingen aus dem Lagerwiderstand durch Abzweigen von Medikamenten, Ma-
nipulation der Häftlingskartei oder Warnungen vor bevorstehenden Selektionen Leben zu
retten. Kurz vor der Auflösung des Lagers tauchte A. B., der als Schutzhäftling die Exekution
drohte, so lange unter, bis das führende SS-Personal geflohen war. Während eines der letzten
Evakuierungstransporte Ende April 1945 gelang es ihr zusammen mit ihren Freundinnen
Bertl Lauscher und Irma Trksak zu fliehen und in das inzwischen von der Roten Armee
befreite Lager zurückzukehren. Großteils zu Fuß gelangte A. B. Ende Mai 1945 nach Wien
zurück. Von den Strapazen der Haft gezeichnet, verbrachte sie längere Zeit im Spital. Dort
begann sie mit der Aufzeichnung ihrer Erinnerungen, um das Erlebte bewältigen zu können.
Von 1946 bis 1955 war sie als Übersetzerin bei Radio Wien beschäftigt. Sie nahm ihre Tätig-
keit als Journalistin wieder auf und schrieb für die „Vídeňské svobodné listy“ („Wiener freie
Blätter“), unter anderem über den Widerstand der tschechischen Minderheit. Nach 1945 trat
sie der Kommunistischen Partei bei, aus der sie aber unter dem Eindruck der Okkupation
der Tschechoslowakei durch die Truppen des Warschauer Pakts 1968 wieder austrat. Seit ih-
rer Befreiung widmete sich A. B. der Erinnerungsarbeit zur nationalsozialistischen Vernich-
tungspolitik und der antifaschistischen Aufklärung. So war sie maßgeblich an der Gründung
der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück im Mai 1947 beteiligt, die sich im
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
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- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika