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Pflichtschule, die anfangs des Deutschen kaum mächtig war, hatte sie wenig Aussicht auf
einen Lehrberuf und nahm eine Stelle als Hausangestellte an. Mit dem sozialen Milieu
ihrer Familie, nach dem beruflichen Aufstieg des Vaters zum Berg-Offizial bei den Tiroler
Montanwerken eine der angesehensten im Ort, brach sie vollständig. Mit siebzehn Jahren
heiratete sie den Tischlergesellen Josef Welser. Die Ehe blieb kinderlos. 1932 trat sie der
Wörgler Ortsgruppe der Sozialdemokratischen Partei bei, wo sie den Eisenbahner Alois
Brunner (geb. am 2. Jänner 1907 in Deutsch-Matrei) kennen lernte. Nach ihrer Scheidung
von Josef Welser 1935 lebte sie mit Brunner zusammen, den sie im August 1938 heiratete.
Alois Brunner war Leiter des Stützpunkts Wörgl eines grenzüberschreitenden Netzwerks
linker Sozialisten, das der SPD-Funktionär Waldemar von Knoeringen vom Exil aus in
Bayern und Österreich ins Leben gerufen hatte. Ziel der Organisation, die in Österreich
auch Gruppen der Revolutionären Sozialisten in Innsbruck, Salzburg und Wien (Leitung:
Otto Haas) umfasste, war der Austausch von Informationen über die politischen, wirt-
schaftlichen und militärischen Geschehnisse sowie die Vorbereitung auf eine Machtüber-
nahme nach der Niederlage des Natio
nalsozialismus. Da Alois Brunner als bekannter So-
zialdemokrat und Teilnehmer am Februaraufstand 1934 politisch belastet war, übernahm
J. B. die Aufrechterhaltung des Kontakts zu Waldemar von Knoeringen und zu einzelnen
Zweigstellen des Widerstandsnetzes. In der Tschechoslowakei wurde sie für ihre Tätigkeit
politisch eingeschult und in modernsten Techniken der Herstellung und Übermittlung
geheimer Nachrichten instruiert. Im Rahmen ihrer umfangreichen Kuriertätigkeit in Ös-
terreich, Deutschland und der Schweiz sorgte J. B. für die Aufrechterhaltung des Kontakts
zu Knoeringen sowie zu einzelnen Zweigstellen der Organisation. Sie übermittelte Nach-
richten und Lageberichte, die sie zum Teil selbst verfasste, und nahm an Funktionärsbe-
sprechungen teil. Diese Tätigkeit setzte sie auch nach dem „Anschluss“ Österreichs an das
Deutsche Reich fort. Im Jahr 1941 schmuggelte sie aus Deutschland Schusswaffen, Muni-
tion sowie Eisenspäne für geplante Sabotageaktionen an Zügen, mit denen Truppen und
militärische Ausrüstung durch Tirol transportiert wurden. Anfang 1942 gelang es der Ge-
stapo, das Widerstandsnetz aufzurollen. Am 16. Mai wurden J. und Alois Brunner fest-
genommen und zusammen mit mehreren Gesinnungsgenossen wegen Vorbereitung zum
Hochverrat, Geheimnisverrat und Feindbegünstigung angeklagt. Während ihrer Haft bei
der Innsbrucker Gestapo war J. B. schweren Folterungen ausgesetzt. In der Verhandlung
des 6. Senats des Volksgerichtshofs vom 28. Mai 1943 wurde das Ehepaar zum Tod und
zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Ein Gnadengesuch von J. B.s Mutter
an den Oberreichsanwalt blieb unberücksichtigt. J. und Alois Brunner wurden am 9. Sep-
tember 1943 in der Haftanstalt München/Stadelheim hingerichtet.
Qu.: DÖW 2705, DÖW 3217, DÖW 3383.
L.: Hormayr 2010, Scharnagl/Brückel 1983, Vogl 1968
Christine Kanzler
Brunner Maria Vera, Brunner-Frieberger; Kunstgewerblerin, Buchkünstlerin und
Konzertpianistin
Geb. Neuhäusl, Ungarn (Nové Zámky, Slowakei), 20. 4. 1885
Gest. Wien, 23. 3. 1965
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika