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Cernyak-Spatz | C 497
Cernyak-Spatz Susan E., geb. Suse Eckstein; Germanistin und Historikerin
Geb. 27. 7. 1922 Wien
S. C.-S. wurde am 27. Juli 1922 als Suse Eckstein in Wien geboren. 1929 übersiedelte die
Familie nach Berlin, wo der Vater mit einem Onkel einen Postkartenverlag führte. Dort
besuchte die behütete Tochter auch die Grundschule und anschließend das Lyzeum. 1936
kehrten die Ecksteins nach Wien zurück. Es sollte nur vorübergehend sein, denn nach Hit-
lers Einmarsch flohen Mutter und Tochter 1938 nach Prag. Vater Ernst Eckstein, der sich
schon vorher in Prag befunden hatte, verließ am 31. August 1939 die Tschechoslowakei, um
über Polen nach Brüssel zu gelangen, wo er auch den Krieg überlebte. Frau und Tochter
sollten nachfolgen, doch der Kriegsausbruch verhinderte diesen Plan.
Im Mai 1942 erhielten Mutter und Tochter Eckstein den Deportationsbefehl nach The-
resienstadt. Die Mutter wurde sofort weiter nach Osten verschickt, S. E. wurde im Jänner
1943 nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Als Überlebende des Todesmarsches kam sie im
Jänner 1945 nach der Evakuierung von Auschwitz nach Ravensbrück. Dort erlebte sie im
Mai 1945 die Befreiung durch die US-Armee und gelangte in der Folge in ein Displaced
Person-Camp in Hagenow, wo sie zuerst für eine Counter-Intelligence-Gruppe der US-Ar-
mee und dann für die britische Militärregierung als Dolmetscherin arbeitete. Im August
1945 traf sie mit ihrem Vater in Brüssel zusammen, wo sie auch ihren ersten Mann, einen
amerikanischen Soldaten, kennenlernte. Im Juli 1946 ließ sie sich in den USA nieder, bekam
drei Kinder und hatte für diese nach der Scheidung allein zu sorgen.
In dieser schwierigen Lebensphase begann S. C. mit ihrer Ausbildung. Von 1964 bis 1968
besuchte sie die Southwest Missouri State University in Springfield, und machte ihren
B. A. cum laude. Sie bekam daraufhin ein Woodrow Wilson-Stipendium und studierte
von 1969 bis 1973 Germanistik an der University of Kansas in Lawrence, machte ihren
M. A. und promovierte 1973, angeregt von ihrer Doktormutter Ruth Angress, mit einer
Dissertation über deutsche Literatur des Holocaust. Daran anschließend begann sie mit
ihrer Lehrtätigkeit an der University of North Carolina in Charlotte. Stationen ihres wei-
teren Werdegangs an der UNCC waren die Ernennung zum Associate Professor und Pro-
fessor Emeritus am Department of Foreign Languages. Seit ihrer Pensionierung 1992 hält
sie jedes Frühjahrssemester einen Kurs an der University of North Carolina über Literatur
und Geschichte des Holocaust. Dazu kommen noch zahlreiche in- und ausländische Vor-
träge sowie Gastvorlesungen über den Umgang mit der Shoa durch Betroffene und Nach-
geborene. Sie ist Gründungsmitglied der North Carolina Holocaust Commission. Mitte
der 1970er Jahre nahm S. C.-S. am ersten Kongress für Holocaust-Ausbildung in Philadel-
phia teil, wodurch ihr weiterer wissenschaftlicher Weg beeinflußt wurde. Ihrem Bestre-
ben, die nächste Generation zu erziehen, konnte sie am besten gerecht werden, wenn sie
sich dabei auf Ereignisse konzentrierte, die sie selbst durchlebt und überlebt hatte: Krieg
und Holocaust. Dadurch, so meinte sie, würde sie nicht nur ein Fachpublikum ansprechen,
sondern mehr Einfluß auf die moralische und menschliche Bildung von jungen Menschen
haben können.
W.: „To teach a Captive Audience. In: Remembering for the Future. Bd. 2“ (1988), „German
Holocaust Literature. In: American University Studies Series 1. Germanic Languages and
Literature Bd. 29“ (1985), „Inside Auschwitz-Birkenau. In: Tarheel Junior Historian. Publi-
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika