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Elisabeth708
zeitgenössischen und spätmittelalterlichen Historiographie von einigen Schreibern E. als
der treibenden Kraft angelastet und sie im Sinne einer wütenden Furie dargestellt (Ottakar,
Österreichische Reimchronik). In der modernen Geschichtsschreibung jedoch erfuhr diese
Sichtweise Widerspruch und wurde als Zerrbild habsburgerfeindlicher und vornehmlich späte-
rer Quellen (Adolf Grauert 1959) beurteilt. Am Ort der Bluttat hatte schließlich E. mit ihrer
Familie ganz in habsburgischer Tradition, die Habsburger waren den neu aufgekommenen
Bettelorden sehr verbunden, Königsfelden, ein Doppelkloster der Franziskaner, ins Leben
gerufen, das zum habsburgischen Hauskloster wurde.
Zweifelsohne entfaltete E. ihr politisches Geschick und wirtschaftliches Gespür verbunden mit
sozialen Aktivitäten als Witwe. In der zu ihrem Wittum gehörenden Stadt Steyr gründete sie
ein Hospital für arme Leute und stattete es aus. Ihr besonderes wirtschaftliches Interesse galt
der Salzproduktion in Hallstatt, wo sie wahrscheinlich 1305 ein Bergwerk eröffnete, wodurch
alsbald so hohe Produktionsmengen zutage gefördert werden konnten, dass sie 1313 gleichzeitig
mehrere Klöster und geistliche Einrichtungen mit je 30 Fuder Salz begünstigen konnte.
Bereits zu Lebzeiten Alberts, dessen Herrschaft ständig durch Oppositionen bedroht war,
hatte sie ihren politischen Einfluss im Bereich der Friedensvermittlung und Konfliktbe-
wältigung zum Einsatz gebracht, und sie soll mehrere Auseinandersetzungen zwischen Al-
brecht und den gegnerischen Adeligen entschärft haben. 1288 trat sie für die wegen Teue-
rung und Bedrohung ihrer Rechte aufständischen Wiener ein.
Als sehr wahrscheinlich kann ihre Anwesenheit beim Begräbnis Albrechts I. und den in
Anschluss daran erfolgten Ausgleichsverhandlungen mit König Heinrich VII. (reg. 1308–
1313) im September 1309 erachtet werden. Ungeklärt ist, ob sie auf die recht schwierigen
Gespräche, die in der Belehnung ihrer Söhne mit ihren Ländereien mündeten sowie in
der Verfolgung der Mörder Albrecht I. gipfelten, direkt involviert war. In den schwäbi-
schen-burgundischen habsburgischen Stammlande, die Leopold regierte, und im öster-
reichisch-steierischen Herzogtum, das Friedrich der Schöne lenkte, war sie bis zu ihrem
Tod 1313 aktiv an den Regierungsgeschäften beteiligt. Dabei fungierte sie vor allem als
Streitschlichterin in den Zwistigkeiten zwischen Herzog Friedrich mit den Wittelsbachern
und mit Heinrich von Kärnten, ihrem Bruder. Bei der Beendigung der 1309 begonnenen
Fehde zwischen ihrem Bruder Herzog Otto III. von Niederbayern (1290–1312) und Fried-
rich von Österreich, die durch den Passauer Friedensschluss vom 23. April 1311 in Anwe-
senheit zahlreicher geistlicher und weltlicher Würdenträger aus der Welt geräumt wurde,
war sie die treibende Kraft und federführend bei den Verhandlungen beteiligt. Im Juli des-
selben Jahres gelang es ihr in Salzburg, im Konflikt zwischen ihrem Bruder Heinrich von
Kärnten, der mit Anna von Böhmen († 1313) verheiratet war, und nach dem Tod seines
Schwagers Wenzel II. († 1305) versuchte, die böhmische Königskrone zu erringen und ihren
Söhnen, die ebenfalls an Böhmen interessiert waren, einen Ausgleich zu erreichen, wozu sie
auch finanzielle Mittel beisteuerte.
Schließlich unterstützte sie aktiv, die aragonesischen Beziehungen ihres verstorbenen Man-
nes fortführend, die Heirat Isabellas von Aragón, Tochter König Jaymes (Jakobs) II. von
Aragón (reg. 1264–1327), mit ihrem Sohn Friedrich dem Schönen. E.s aktive Rolle in der
Politik zu Lebzeiten ihres Mannes und dann als Witwe war weniger Reichspolitik, vielmehr
Familienpolitik, bezogen auf die habsburgischen Territorien.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika