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Elisabeth | E 715
manistischen Geist zuteil. Der italienische Humanist und zum Papst aufgestiegene Aeneas
Silvius Piccolomini (1405–1464), seit 1458 Papst Pius II., hielt sich seit etwa 1442 am Hof
Friedrichs in Wien auf und schrieb für Ladislaus einen Erziehungstraktat „Äneas, Bischof
von Triest, an seinen Herrn, den erlauchten Fürsten und König von Pannonien und Böhmen,
den mächtigen Beherrscher von Österreich”. Inwieweit auch E. in demselben Geist und von
denselben Lehrern erzogen wurde, ist nicht bekannt.
Die Hochzeit mit Kasimir fand am 10. Februar in Krakau statt. Giovanni Capistrano
(† 1456), der sich in E.s Gefolge befand, nahm die Trauung vor. Am selben Tag wurde E. zur
polnischen Königin gekrönt. Der Hochzeit sind 1453 Verhandlungen über den Ehevertrag
durch den zukünftigen Ehemann E.s und ihren Bruder Ladislaus Postumus vorausgegan-
gen. Darin wurde eine Mitgift von 100.000 ungarischen Gulden, zahlbar in drei Jahren,
abgesichert zu je einem Drittel durch Landgüter in Österreich, Böhmen und Ungarn, fest-
geschrieben. Für den Fall von Ladislaus’ Tod vor Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen
erklärte sich Kasimir mit der einmaligen Zahlung von 32.000 Gulden einverstanden. E.
wurden ferner 5.000 Gulden aus den Salzbergwerken in Wieliczka und Bochnia als jährli-
che Unterhaltszahlung überschrieben. E. verzichtete auf ihr Erbe in Österreich und erhielt
von Kasimir im Gegenzug ein Leibgedinge als Versorgung für den Witwenstand, Einkünfte
aus den Städten Kołlo, Opoczno und Przedecz. Ladislaus starb schon 1457, jedoch erst 1476
leistete Kaiser Friedrich II. eine erste Abschlagszahlung von 3.000 Gulden. Über die ihr
von ihrem Bruder zugesicherten Mittel konnte E. demnach nicht verfügen. E.s finanzielle
Situation verbesserte sich erheblich, als ihr Kasimir nach dem Tod seiner Mutter 1461 eine
beachtliche Anzahl königlicher Güter überschrieb.
Im Laufe ihrer Ehe gebar sie dreizehn Kinder, davon sieben Töchter und sechs Söhne; zwei
Töchter, die beide den Namen Elisabeth trugen, starben früh. Ihre Söhne gestalteten als Kö-
nige von Polen, Böhmen und Ungarn aktiv Politik und Kultur, und durch die Verheiratung
ihrer Töchter an verschiedene mittel- und osteuropäische Höfe ergab sich für die Jagiello-
nen ein vielfältiges Beziehungsnetz. Sie avancierten im 15. Jahrhundert zur mächtigsten
Dynastie im ostmitteleuropäischen Raum.
Als polnische Königin zeigt sie höchstes Engagement als Auftraggeberin von Kunstwerken am
jagiellonischen Hof in Krakau, dabei übertrifft sie ihren Mann. Wenn dieser als Stifter tätig
wird, geschieht das zumeist zusammen mit E. Gemeinsam mit ihrem Mann gab sie 1454 ein
Szepter für Kardinal Zbgniew Oleśnicki und das Triptychon „Heilige Dreifaltigkeit“ (1467) in
der Kathedrale auf dem Wawel in Auftrag. Um 1470 stiftete sie die Heiligkreuzkapelle in der
Krakauer Kathedrale. Die Malerei in der Kapelle wiederum wurde vom Herrscherpaar gemein-
sam gestiftet. Das anlässlich des Todes des später heilig gesprochenen Sohnes Kasimir 1484
errichtete Triptychon „Schmerzensreiche Gottesmutter“ ist als eine Stiftung E.s ausgewiesen.
Die von E. veranlasste Kapelle hatte die Funktion einer Grabkapelle für das Herrscherpaar so-
wie für dessen beide jung verstorbenen Töchter. Das von der Werkstatt von Veit Stoß († 1533)
in Krakau ausgeführte Grabmal für Kasimir ist wahrscheinlich von E. gestiftet worden.
Das in der künstlerischen Gestaltung der Heiligkreuzkapelle zum Ausdruck gebrachte re-
ligiöse Programm steht im Zeichen der Verehrung des Heiligen Kreuzes, aber auch ganz
besonders unter den Auspizien des von den Jagiellonen propagierten Marienkultes, verbun-
den mit dem Begründer der Dynastie Wladislaw II. der Jagiellone (Władisław II. Jagiełło)
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika