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Elisabeth720
wurde er ebenfalls verhaftet und blieb bis März 1536 in Brixen im Gefängnis. Er widerrief
vor den Richtern, weigerte sich aber, öffentlich abzuschwören. Dann wurde er enthaftet, da
er beabsichtigte, in die kaiserliche Armee und in den Kriegsdienst einzutreten.
E. wurde Anfang Februar in Taufers ein Fragenkatalog in Bezug auf ihren Glauben präsen-
tiert. Aufgrund ihrer adeligen Abkunft wurde von einer Anwendung der Folter Abstand
genommen.
Ihre Antworten wurden am 8. Februar nach Innsbruck übermittelt, sie konnten jedoch bis-
her nicht in den Archiven aufgefunden werden. Die Regierung in Innsbruck teilte aber
eine Woche später dem Pfleger von Taufers mit, dass der Untersuchungsrichter E. nicht
nur gravierende Glaubensirrtümer bescheinigt habe, sondern, dass sie daran auch weiterhin
festhalten wolle. Da sowohl Anton als auch E. aufgrund ihrer Aussagen als Häretiker zu
qualifizieren waren, wurden ihre Besitzungen beschlagnahmt und konfisziert. Schließlich
entschied die Regierung in Innsbruck, dem ältesten Sohn des Paares, Hans, der katholisch
geblieben war, die Güter zu überantworten. Die Regierung in Innsbruck trug auch dafür
Sorge, dass E. wieder auf den rechten Weg des Glaubens gebracht wurde. E. räumte zwar in
vielen einzelnen Punkten Irrtümer ein, im Hinblick auf Buße, Abendmahl und Kindertaufe,
war sie zu keinen Zugeständnissen bereit. Sie ersuchte vielmehr um ein Jahr Bedenkzeit, um
Gott für die Gnade der rechten Erkenntnis zu bitten.
Auch ihr Sohn Hans und ihr Schwiegersohn trachteten in Einverständnis mit den Behör-
den, E. von ihren Irrtümern abzubringen. E. schien aber immer noch nicht bereit, vollstän-
dig zu widerrufen.
Am 15. April 1535 ordnete König Ferdinand I. († 1564) in Antwort auf den Bericht der
Innsbrucker Regierung ein drittes Verhör, in dem auch die Anwendung der Folter inkludiert
war, an, um alles über E.s Aktivitäten und die Ziele und Intentionen der TäuferInnen im
Allgemeinen zu erfahren. Auch Sohn und Schwiegersohn sollten nochmals mit ihr sprechen,
falls notwendig, um zum gewünschten Resultat zu kommen.
Nun wurde Untermarschall Erasmus Offenhauser hinzugezogen. Aber alle Versuche blie-
ben vergeblich, E. zu einer Einsicht zu bewegen. Die Strategie wurde geändert, indem ver-
sucht wurde, die Renitente mittels eines versierten Theologen ihren Irrtum einzubekennen.
Möglicherweise wurde jetzt auch Folter eingesetzt. Die für den 8. Mai 1535 angesetzte vierte
Verhandlung brachte E.s Bekenntnis zum wahren christlichen Glauben. Sie legte auch den
gewünschten Eid (Urfehde) ab. Ganz kampflos wollte sie sich nicht ergeben. Ihrem Ersu-
chen, ihr die öffentliche Abschwörung in der Kirche zu erlassen, indem sie vorgab, nicht
lesen zu können, wurde dadurch begegnet, dass sie unterrichtet wurde, sie brauche nur die
Worte des Priesters wiederholen. Schließlich wurde am 9. Oktober 1534 ihr Widerruf in der
Pfarrkirche von Taufers verzeichnet.
E.s lang anhaltender Widerstand zeigt, wie schwer es ihr gefallen sein muss, sich von der
religiösen Bewegung zu distanzieren, der sie jahrelang aufs Engste verbunden war. Der geleis-
tete Widerruf musste einen großen Bruch in ihrem Leben darstellen, jedoch den von ihren
Lehrern Wölfl und Jakob Hutter vorgezeichneten Weg des Martyriums wollte sie nicht gehen.
E. verließ nach ihrer offenkundigen Absage an das Täufertum Uttenheim, um in Einver-
ständnis mit der Innsbrucker Regierung in Brixen bei Tochter und Schwiegersohn und
ihrem Mann zu leben.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika