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von deren Allodialbesitz sowie die Stammburg ihres Geschlechts, Kühnring, in ihre Hand.
Das Gros der von E. überkommenen urkundlichen Überlieferung betrifft Streitsachen, die
sie mit einer von Stolz auf ihre kuenringische Herkunft motivierten Vehemenz und Aus-
dauer verfolgte. Die von ihr angestrengten Prozesse besaßen auch eine rechts- und verfas-
sungsgeschichtliche Relevanz. Die Streitfälle werfen auch ein Licht auf E.s Charakter. Über
Jahrzehnte war sie in verschiedene Auseinandersetzungen mit der von ihrer Familie 1137 ge-
gründeten Zisterze Zwettl verwickelt. Zwischen der Gründerfamilie und dem Kloster war es
zu Unstimmigkeiten gekommen, da das Kloster sich zunächst geweigert hatte, E.s Vater und
Onkel im Kloster zu bestatten. Nach dem Tod ihrer Brüder, beanspruchte sie das Gut Strahl-
bach, das diese 1233 dem Kloster anlässlich der Beerdigung ihres Vaters geschenkt hatten.
Der über Jahre währende Streit endete schließlich mit einem Vergleich 1256. Erneut kam es
zu Konflikten mit dem Hauskloster der Kuenringer, da E. das Patronatsrecht der Zwettler
Pfarrkirche beanspruchte, und dieses wollte sie 1268 trotz heftiger Proteste seitens zweier ih-
rer Söhne und ihrer Töchter dem Deutschen Orden übertragen. Das Stift schaltete den Papst
ein, E. wandte sich an den österreichischen Landesherren König Ottokar II. Přemysl. 1276
lenkte sie schließlich ein und nahm die Schenkung der Pfarrkirche an den Deutschen Orden
zurück, doch der endgültige Vergleich kam erst 1278 zustande. Sowohl Zwettl als auch E.
zogen des römischen Rechts kundige Juristen heran. Auch in den Auseinandersetzungen der
Stadt Eggenburg mit der Zisterze Zwettl soll sie ihre Hand im Spiel gehabt haben.
Sehr erfolgreich agierte E. im Fall von Hernstein. E.s Onkel mütterlicherseits, Konrad von
Falkenstein-Neuburg († 1260) hatte 1245 und 1246 seine Allode in Bayern und Österreich
an den Bischof von Freising verkauft. 1263 war ihr Mann Rudolf von Pottendorf verstor-
ben. Im selben Jahr bemächtigte sie sich der Burg und der Herrschaft Hernstein, die sie als
Tochter der Gräfin Adelheid beanspruchte, ungeachtet dessen, dass ihre Mutter durch ihre
Heirat mit einem Ministerialen ihren Rechtsstatus als Freie verlustig gegangen war und
die Kinder der „ärgeren Hand“ folgten, und trotz der von ihrem Onkel abgeschlossenen
Kaufverträge. Über eine richterliche Entscheidung von 1267 setzte sie sich hinweg. Gegen
E. hatten sich nicht nur der von König Ottokar II. Přemysl beauftragte „Reiserichter“ ausge-
sprochen, sondern auch ihre Standesgenossen aus der Ministerialität. Bis zum Verkauf 1380
an den Herzog von Österreich blieb Hernstein in der Familie der Pottendorfer.
Die letzte Erwähnung E.s findet sich im Zwettler Stiftungsbuch, als sie am 1. März 1283
eine Urkunde siegelte.
L.: Becker/Zahn 1889, Die Kuenringer 1981, Freed 1984, Friess 1874, Haider 1970, Liber
fundatorum Zwetlensis 1981, Meiller 1857, Mitscha-Märheim 1974, Noichl 1978, Plesser
1954, Weltin 2004, Zehetmayer 2001
Ingrid Roitner
Euphemia von Pottendorf
Geb. 13. Jh.
Gest. ?
Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: Euphemia von Kuenring und Rudolf von Pottendorf.
LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit Otto von Perchtoldsdorf.
Laufbahn: E. v. P.s öffentliches Selbstverständnis ähnelt dem ihrer Mutter Euphemia von
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika