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Granitsch-Konirsch1072
Granitsch-Konirsch Susanne; Rechtsanwältin
Geb. Wien, 30. 9. 1901
Gest. Kalifornien, USA, 12. 2. 1974
Herkunft, Verwandtschaften: Mutter: Helene Granitsch, geb. Mündl (8. 6. 1876 –11. 2. 1956
Portland, USA), Schriftstellerin, führend in der Frauenbewegung, Vater: Dr. Robert Gra-
nitsch (6. 11. 1865 –1937 Wien), Rechtsanwalt, 1910–1919 Mitglied des Wiener Gemein-
derates (demokratische Partei), 1917 Scheidung der Eltern, 1922 Eheschließung des Va-
ters mit Hermine, geb. Stidrich; Großvater: Dr. Georg Granitsch Reichsratsabgeordneter
und niederösterreichischer Landesausschuss; Tante: Susanne Regine Granitsch (21. 5. 1969
Wien–2. 12. 1946 Wien), Malerin; Schwestern: Theodore (geb. 1904) verh. mit Dr. Franz Hil-
ler, Rechtsanwalt, in 2. Ehe von Seybel; Lorle (30. 4. 1911 Hadersdorf bei Wien–23. 6. 1983,
USA), Kunstgewerblerin, verh. mit Dr. Felix Kornfeld, Rechtsanwalt.
LebenspartnerInnen, Kinder: Ehemann: Dr. Walter Konirsch (20. 12. 1898 Wien–16. 12. 1948
Kalifornien), Rechtsanwalt, Ehe altkath. geschlossen 19. 6. 1934, keine Kinder.
Ausbildungen: S. G. wuchs in einem bildungsbürgerlichen und stark politisierten familiären
Milieu auf. Das Jusstudium wurde an der Universität Wien erst 1919 nach der Republik-
gründung für Frauen geöffnet. Somit zählte S. G. zu den ersten Frauen, die gleich nach
erfolgter Reifeprüfung diese Ausbildung wählen konnten. Wie die meisten ihrer Berufskolle-
ginnen war auch sie Tochter eines Rechtsanwaltes. Rechtsstudium an der Universität Wien, 1.
Staatsprüfung am 12. 4. 1921, 2. Staatsprüfung am 25. 6. 1923, 3. Staatsprüfung am 27. 10. 1923,
Promotion zum Dr. iur. am 19. 12. 1923. Im Anschluss an das Studium absolvierte S. G. zu-
nächst das Gerichtsjahr. Schwierig gestaltete sich für junge Juristinnen die Suche nach einem
Ausbildungsplatz, wenn sie sich für eine Laufbahn als Rechtsanwältinnen interessierten. So
trat S. G. zunächst am 12. 2. 1925 als Rechtsanwaltsanwärterin in die Kanzlei ihres Vaters ein,
wo sie bis 1. 5. 1925 tätig war. Anschließend war sie bis 1. 7. 1927 bei Dr. Emil Hofmannsthal
beschäftigt und wechselte dann in die Kanzlei von Dr. Franz Skrein, wo sie bis 19. 11. 1928 ar-
beitete, um anschließend nochmals in die Kanzlei ihres Vaters zurückzukehren. Von 4. 3. 1929
bis 30. 9. 1930 war sie als Rechtsanwaltsanwärterin bei ihrem nachmaligen Schwiegervater Dr.
Alfred Konirsch beschäftigt. Schließlich war sie nochmals bis 14. 2. 1931 in der Kanzlei ihres
Vaters tätig. Am 12. 4. 1928 legte sie am Oberlandesgericht Wien die Rechtsanwaltsprüfung ab.
Laufbahn: Am 3. 7. 1928 wurde S. G. in die Verteidigerliste eingetragen. Als erfolgreiche
Sportlerin gewann sie zu jener Zeit wiederholt bei internationalen Fechtturnieren Preise.
Am 24. 2. 1931 wurde sie in die Rechtsanwaltsliste für Wien, Niederösterreich, Burgenland
aufgenommen. Zunächst betrieb sie ihre Kanzlei an der Adresse Wien 1, Rauhensteingasse
10, nach ihrer Eheschließung gemeinsam mit dem Ehemann an der Adresse Wien 1, Op-
polzergasse 4. Walter Konirsch wurde mit Ablauf des Jahres 1938 als „Jude“ aus der Rechts-
anwaltsliste gelöscht, während S. G.-K. nach den Nürnberger Rassengesetzen als Mischling
2. Grades galt. Obwohl die „Dritte Verordnung über Angelegenheiten der Rechtsanwälte,
Rechtsanwaltsanwärter und Verteidiger in Strafsachen in Österreich“ die Möglichkeit vor-
sah, „Mischlingen“ die Ausübung der Rechtsanwaltschaft zu untersagen, kam diese Rege-
lung hier nicht zur Anwendung. S. G.-K. verzichtete am 3. 5. 1939 auf die weitere Ausübung
ihrer Rechtsanwaltschaft und flüchtete, ebenso wie ihr Ehemann in die USA. Die Wohnung
des Ehepaares wurde von der Gestapo geräumt. Ihre beiden jüngeren Schwestern waren
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika