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Hanel Hermine; Schriftstellerin und Illustratorin
Geb. Prag, Böhmen (Praha, Tschechien), November 1874
Gest. München, Deutsches Reich (Deutschland), 19. 6. 1944
Herkunft, Verwandtschaften: Ihre Mutter, die bald nach der Geburt von H. H. starb,
war jüdischer Herkunft. Ihr Vater Wilhelm entstammte einer alten katholischen Prager
Patrizier familie und führte eine bekannte Eisenwarenhandlung. Die Mutter Hermine, geb.
Oestreicher, stammte aus einer angesehenen jüdischen Familie, deren Familienoberhaupt
Jakob W. Oestreicher eine renommierte Hopfenhandlung betrieb. Sie starb bald nach der
Geburt ihrer Tochter. H. H. wuchs bei den jüdischen Großeltern in bürgerlichem Wohl-
stand auf, wurde jedoch weder katholisch noch jüdisch erzogen. Vor ihrer ersten Ehe trat
sie dem jüdischen Glauben bei, später konvertierte sie zum Katholizismus.
LebenspartnerInnen, Kinder: Heiratete 1894 den um 20 Jahre älteren Geschäftsmann Theo-
dor Stein, der eine Brauerei besaß und später eine Kunsteisfabrik gründete, ab 1909 mit
Ludwig Deiglmayr verheiratet. Kinder: Georg Deiglmayr, Lilli Deiglmayr.
Ausbildungen: Da die Mutter kurz nach der Geburt starb, wuchs H. H. bei den Groß-
eltern mütterlicherseits in Neuhaus, Böhmen auf. Der Großvater, ein wohlhabender
Hopfenhändler achtete auf eine strenge Erziehung Sie wurde zunächst zu Hause un-
terrichtet, lernte durch Hauslehrerinnen Englisch und Französisch und besuchte dann
ein deutschsprachiges Mädchenlyzeum in Prag. Mit 14 Jahren kam sie in ein Internat.
Mit 17 Jahren lebte sie wieder bei ihrer Großmutter und dem Großvater, der bald starb.
Der Wunsch an der Akademie in München zu studieren oder in England ein College
zu besuchen, wurde ihr nicht erfüllt. Erhielt Unterricht von Ernst Berger und hörte
Vorlesungen an der Universität.
Laufbahn: Nach einer gesundheitlichen Krise während ihrer unglücklichen ersten Ehe be-
gann sie zu schreiben und veröffentlichte mehrere Berichte und Skizzen in Prager Blät-
tern sowie Märchen und Artikel im „Wiener Tagblatt“, angeregt von Johann Clumecky. Im
„Prager Tagblatt“ veröffentlichte sie u. a. unter dem Titel „Los vom Fischbein“ ein emanzi-
patorisches Feuilleton. Nach der lang erkämpften Scheidung ließ sie sich in München im
Zeichnen ausbilden Sie lebte eine Zeit lang in Wien und ging 1905 schließlich wieder nach
München, um als Schriftstellerin und Illustratorin zu leben. Dort war sie Mitbegründerin
der Künstlervereinigung „Die Kuh“. Zwischendurch reiste sie immer wieder nach Italien
und Deutschland. Sie schrieb für Tageszeitungen, Berichte über bildende Kunst, Essays,
Märchen und Novellen, Reisebücher und Skizzen. Zu mehreren Bilderbüchern verfasste sie
die Texte und illustrierte sie. Außerdem hielt sie Lesungen, so trat sie u. a. am 12. April 1900
im Spiegelsaal des Deutschen Hauses auf und trug ihre Märchen vor. Nach der Machter-
greifung der Nationalsozialisten wurde sie von der Reichsschrifttumskammer mit Schreib-
verbot belegt, sie verfasste jedoch weiterhin im Geheimen Zettel mit Kommentaren zum
Zeitgeschehen, die nie veröffentlicht wurden.
Wirkung: In „Die Geschichte meiner Jugend“ ist zu erkennen, dass sie die Mischung von
jüdischer und christlicher Kultur als sehr anregend empfand. Mit Arthur Schnitzler, Graf
Franz Thun-Hohenstein und Baron Johann Chlumecký pflegte sie freundschaftliche Bezie-
hungen. Mit Letzterem führte sie einen regen Briefwechsel (korrigierte ihre Manuskripte).
Qu.: Datenbank Ariadne, Österreichische Nationalbibliothek.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika