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Hellrigel1266
Herabsetzung der Nahrungsrationen von 26 Wochen bis an den Rand des (Ver-)Hungerns.
Die Behörden in Innsbruck erbaten Mitte Oktober 1538 von König Ferdinand I. (reg.
1531–1564; seit 1558 Kaiser) Anweisungen, wie sie weiter vorgehen sollten. Dieser ordnete
Anfang November an, alles zu tun, um die Hartnäckigen zu bekehren. So wurde U. nicht
der Prozess gemacht, sondern sie musste weiter im Gefängnis verbleiben. Dort befand sie
sich auch noch im September 1539, als die Regierung in Innsbruck die Anordnung gab, ihr
Vermögen zu konfiszieren, um die Kosten für ihren Gefängnisaufenthalt damit abzudecken.
U.s Erbteil war aber inzwischen in den Händen ihrer verheirateten Geschwister, so dass
diese die Unkosten von 30 Gulden und 56 Kreuzer zu tragen hatten. Anfang 1541 wurde U.
zunächst auf die Haselburg südlich von Bozen, dann nach Sigmundskron verlegt. Nahrung
und Kleidung sollten wiederum auf das äußerst Notwendige reduziert werden. U. war immer
noch zu keinem Widerruf bereit.
Fast zwei Jahre später, Ende Dezember 1542, wurde sie schließlich ohne Angaben von
Gründen nach Innsbruck verbracht, wo sie mit einer Gruppe von TäuferInnen inhaftiert
wurde. Dieser Aufenthalt im Gefängnis wird auch in der Historiographie der Hutterischen
Brüder, im „Großen Geschichtsbuch der Hutterischen Brüder“, vermerkt. Demnach wurde
sie dem ebenfalls aufgrund seines Glaubens eingekerkerten Mitbruder Jörg Liebich an die
Füße gekettet. Die Geschichte wird aber erzählt, um U. und Jörg als vorbildliche Geschwis-
ter im Glauben hinzustellen, da sie nämlich der damit verbundenen sexuellen Versuchung
widerstanden hätten.
Schließlich fand U. doch Gnade, und am 9. Oktober 1543 wurde ihre Entlassung aus dem
Gefängnis angeordnet. Vermutlich war ihre Gesundheit schon sehr angegriffen, und auch
ihre Verwandtschaft hatte für sie Fürsprache eingelegt. Ihre Entlassung war aber mit der
Auflage verbunden, Tirol für immer zu verlassen und unter Androhung, das Leben zu ver-
lieren, nie mehr in die österreichischen Länder zurückzukehren. Für die Kosten ihres Ge-
fängnisaufenthaltes wurden ihre Verwandten belangt.
U. war bereit, außer Landes zu gehen, allerdings war sie keineswegs gewillt, zu akzeptieren
nie mehr zurückzukehren. Unterstützt wurde sie dabei von ihrem Vormund und ihren Ver-
wandten. Die Behörden gaben überraschenderweise ihrem Einspruch statt und begnügten
sich mit ihrem Versprechen, das Land zu verlassen. Nicht stattgegeben hat die Regierung
dem Einspruch der Verwandten, gegen die ihnen angelasteten Kosten. Schließlich bezahlte
ihr Vormund die geforderten 50 Gulden, jedoch wurde nochmals festgehalten, dass U. bei
einer etwaigen Rückkehr ihres Lebens nicht sicher sei. Mit Februar 1544 war nun ihr Fall
abgeschlossen.
U. verließ das Land und verbrachte ihr Leben bei ihren Glaubensgeschwistern in Mähren. U.
gehörte nicht nur zu den wenigen Frauen, die im hutterischen Geschichtswerk Beachtung
fanden, sie ist auch als Lieddichterin hervorgetreten.
W.: Ihr Hymnus im „Ausbund“ (Ausbund, das ist: Etlich schöne christliche Lieder), dem
Gesangbuch der Schweizer TäuferInnen und oberdeutschen Mennoniten (älteste Ausga-
be 1570/1571), über die Märtyrerin Anna von Freiburg († 1529), Ausbund Nr. 36, engli-
sche Übersetzung von Pamela Klassen. In: Snyder/Huebert-Hecht, S. 199–201 bzw. Hue-
bert-Hecht 2009, S. 245–247) ist auch ein Zeugnis ihres festen Glaubens. Das Lied wird
heute noch in den Gottesdiensten der Amischen (englisch: Amish) gesungen, einer in
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika