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Hohlfeld | H 1345
galt als nicht like, die Kunst überließ man den Gauklern und Proleten, haben nicht die mys-
tische Kraft zerstört, die mir Westfalen gegeben.“ Literarische Ambitionen bei Frauen wurde
misstrauisch begegnet. Th. v. R. verlor ihren Mann und ihren ältester Sohn Heinz 1903.
Sie heiratete Bruno Hohlfeld, einen Kunst- und Porträtmaler am 29. Januar 1904 in London.
Mit ihm lebte sie in der Nähe von Salzburg. Endlich konnte sie ihr literarisches Können der
Öffentlichkeit präsentieren. 1905 erschien der Novellenband „Aus dem Krautwinkel“ im Ber-
liner Verlag Schuster & Loeffler. Ein Jahr darauf erschien ihr erster Roman „Die arme Josefa“.
Er beinhaltet einige autobiographische Details aus ihrem Leben. Mühelos lässt sich die
Topografie rund um die Rietberger Schlosswälle wiedererkennen. Die Autorin erzählt von
dem Wohnhaus der Familie Arnheim, das an der Stelle des 1803 abgebrochenen Schlos-
ses Rietberg, im Volksmund noch immer „Dreckschloss“ genannt, errichtet worden sei. Sie
beschreibt im Detail die Statue des „heiligen[n] Johannes von Nepomuk“. Sie nennt die
„Johanniskapelle“ und die „Johannisallee“.
Auch in dem Buch „Geringe Leute“ schlagen sich erfahrenes Unrecht, Unverständnis und
Missachtung nieder. Sie verstand es, reale Geschehnisse und Schauplätze zu einer fiktiona-
len Geschichte zu verknüpfen, und bewies an ihren Romanfiguren eine außergewöhnliche
Fähigkeit, lebendige, aus ihrer heimatlichen Umgebung erwachsene Figuren zu schaffen. So
schreibt sie in dem Roman „Geringe Leute“: „[ … ] Setta Brinkmann ist soeben vor den Ge-
richtshof getreten und es kamen ihr diese Worte: ‚Zeiten werden kommen, wo Frauen über
Frauen richten, wo Männer niedersteigen und an ihre Brust schlagen. Ich bin in Zustände
geraten, die in mein Fleisch schneiden sollten, damit andere ohne Wunden blieben, dazu bin
ich ausersehen. Ihr seid mit Blindheit geschlagen, ich bin sehend geworden‘.“
Der Roman „Die arme Josefa“ wurde als ein Werk angesehen, „das dem Besten in der Roman-
literatur ebenbürtig zur Seite gestellt werden müsse“ (Hamburger Fremdenblatt), galt gar
„für einen der allerbesten dieses Jahres“ (Der Kunstwart). Die Frankfurter Zeitung scheute
sich nicht, sie in die Nähe der großen Annette von Droste-Hülshoff zu rücken: „Die Dros-
te-Hülshoff ist tot, Dora Hohlfeld lebt!“
Selma Lagerlöf, die 1909 als erste Frau mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet
wurde, bewunderte ihre Naturschilderungen. Auf Grund der großen inhaltlichen und stilis-
tischen Nähe zu ihr wurde sie auch die „Selma Lagerlöf Süddeutschlands“ genannt.
H.s Leben nach dem Ersten Weltkrieg war geprägt von wirtschaftlicher Not und bedrü-
ckenden Alltagslasten. Aus Geldsorgen verkaufte sie ihre „altfranzösische Bibliothek“. Die
Hausarbeit und Haushaltsführung hemmten ihre künstlerischen Möglichkeiten. So schrieb
sie: „Einen Haushalt heutzutage führen, ist Qual. Meine Kunst geht darüber, wenn auch
nicht zugrunde, so doch im langsamen Trab.“
Im Laufe der Jahre gingen viele ihrer Arbeiten verloren oder schlummern unerkannt in
Archiven. Am 11. Februar 1931 starb D. H. in Salzburg nach langer schwerer Krankheit.
H.s Romane in die Ecke anspruchsloser und trivialer Frauenliteratur zu stellen, wird ihr,
die zeitlebens gegen einengende gesellschaftliche Konventionen und die Bevormundung
der Frau in der Ehe gekämpft hat, in keiner Weise gerecht. Wie sehr sie sich gegen die zu
ihren Lebzeiten üblichen Ressentiments gegenüber „schriftstellernden“ Frauen zu behaup-
ten hatte, verdeutlicht eine vernichtende Einschätzung ihrer literarischen Qualität in der
„Österreichischen Rundschau“ des Jahres 1909: „Die Romane von Dora Hohlfeld ‚Die arme
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika