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Holub1360
in Diensten von R. H. Bei der Abreise nach Hamburg, wo die Reisegesellschaft sich nach
Kapstadt einschiffen wollte, fanden sich, wie Emil Holub in seinem Buch notiert, am Wiener
Nordwestbahnhof „Hunderte von Freunden und Gönnern“ ein, um sie zu verabschieden.
Der ursprüngliche, äußerst spektakuläre Plan, ausgehend von Kapstadt den gesamten Kon-
tinent, von Süd nach Nord, zu durchqueren, war bereits vorab aufgrund der geänderten
politischen Umstände aufgegeben worden: Der Mahdi-Aufstand machte die Route durch
den Sudan weiter nach Ägypten unmöglich. Das neue Vorhaben bestand darin, die Region
nördlich des Sambesi, im heutigen Sambia, zu erforschen und weiter zum Bangweolo-See
vorzustoßen. Emil Holub wollte Gebiete erkunden, die damals den EuropäerInnen noch
weitgehend unbekannt waren, ebenso sollten genaue Informationen über die dort lebenden
Gesellschaften gesammelt werden. Dabei bewegten ihn jedoch nicht nur rein wissenschaft-
liche Ambitionen, er verfolgte explizit kolonialpolitische Interessen im Sinne Österreichs –
(die auch von R. H. mitgetragen wurden) – ohne allerdings bei Vertretern der Habsbur-
germonarchie ernsthafte Unterstützung gefunden zu haben. Ein zentrales Ziel bestand
darin, die Regionen des südlichen Afrika für österreichische Kaufleute und SiedlerInnen
zu erschließen. In Kapstadt organisiert Emil Holub eine Ausstellung, die Anfang April
1884 stattfand, um die mitgebrachten österreichischen Produkte zu bewerben, wofür er die
Unterstützung des österreichisch-ungarischen Exportvereins erhalten hatte.
Die gesamte Unternehmung stand allerdings von Anbeginn unter schlechten Vorzeichen,
die politischen Rahmenbedingungen hatten sich seit Emil Holubs erstem Aufenthalt massiv
verändert, der Scramble for Africa, der Wettlauf der Kolonialmächte um Afrika, hatte mitt-
lerweile eingesetzt, die erhoffte Unterstützung der BritInnen, die darüber hinaus zunehmend
in Konflikt mit den BurInnen gerieten, blieb aus. Erst Monate nach dem Eintreffen in Süd-
afrika konnte die Expedition Richtung Norden in Angriff genommen werden. Die Route
führte durch die Kapkolonie, den Oranje-Freistaat und Transvaal an den Limpopo und nach
Schoschong, heute eine Stadt in Botswana. Die Bedingungen wurden immer schwieriger,
sämtliche männliche Expeditionsteilnehmer erkrankten an Malaria, R. H. litt einige Wochen
an Ruhr, es herrschte Dürre, mehrmals verendeten einige der wichtigen Zugochsen, die Geld-
mittel schwanden dahin. Dennoch wurden mit Feuereifer Untersuchungen, Forschungen
und Aufsammlungen betrieben. Im Sambesi-Gebiet starben schließlich zwei der österreichi-
schen Reiseteilnehmer an Malaria, ein weiterer wurde schwer erkrankt mit den bisherigen
Kollektionen zurückgeschickt. Auch hier hatten sich die regionalen Machtverhältnisse zuun-
gunsten der Expedition verändert, deshalb waren kaum noch zuverlässige Träger zu finden,
immer wieder wurden Teile der Ausrüstung und Proviant gestohlen. Ein lokaler Machthaber
warnte zwar dringend vor der Weiterreise, dennoch erfolgte die Überquerung des Sambesi.
Südwestlich der heutigen Stadt Lusaka in Sambia wurde schließlich Anfang August 1886
das Lager der Expedition von Angehörigen der Ile (bei Holub Maschukulumbe) angegriffen
und geplündert, ein weiterer weißer Reiseteilnehmer fand den Tod. Es konnten noch einige
der wertvollen Tagebücher sowie Ausrüstungsgegenstände aus dem Camp gerettet werden,
bevor unter unsäglichen Entbehrungen die Flucht zurück Richtung Süden angetreten wur-
de. Völlig erschöpft, krank, zerlumpt und ohne finanzielle Mittel trafen die überlebenden
ExpeditionsteilnehmerInnen Ende August 1886 in Regionen ein, wo EuropäerInnen lebten,
nun fühlten sie sich den schlimmsten Gefahren entronnen. Auf der Flucht erlitt auch R. H.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 1, A – H
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1422
- Kategorie
- Lexika