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biografiA. - Lexikon österreichischer Frauen, Band 2, I – O
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Jancic | J 1469 offiziell bezeichnet wurden, zumindest bis zum 15. Oktober 1939 vorwiegend an Sonntagen illegale religiöse Zusammenkünfte von Gleichgesinnten aus Fohnsdorf und Umgebung statt. Am 17. Oktober 1939 wird M. J. nach einer Hausdurchsuchung in Fohnsdorf zusammen mit ihrem Mann, ihrem 22-jährigen Sohn Johann, dessen Frau Theresia und noch weiteren Glau- bensbrüdern von der Gestapo verhaftet, verhört und dann ins Polizeigefangenenhaus nach Graz gebracht. Die zwei noch minderjährigen Kinder Karl (11 Jahre) und Olga (9 Jahre) blei- ben allein zurück. Sohn und Schwiegertochter werden nach drei Tagen wieder freigelassen. Das Landesgericht Graz verurteilt M. J. und ihren Mann am 8. Jänner 1940 zu „2 1/2 Mona- ten Arrest, verschärft durch 2 Fasttage“ mit der Begründung, dass sie bis 15. Oktober 1939 in Fohnsdorf zur Verbreitung einer Religionsgesellschaft beigetragen habe, deren Anerkennung von der Staatsverwaltung für unzulässig erklärt wurde, Versammlungen veranstaltete und sich weigerte, der NSDAP oder der NSV beizutreten. Nach der Gerichtsverhandlung wird sie aus der Haft entlassen, da die Untersuchungshaft angerechnet wird. Am 23. Jänner 1940 näht M. J. für ihre Tochter Olga gerade ein Nachthemd, als sie durch die Gestapo erneut verhaftet wird. Sie wird auch diesmal ins Polizeigefangenenhaus Graz gebracht. Am 22. März 1940 wird M. J. als Schutzhaftgefangene in das KZ Ravensbrück überstellt, wo sie zur Nummer 2964 wird. Jedes Jahr kommt eine Kommission ins KZ und versucht die Zeuginnen Jehovas zur Unterschrift der sogenannten „Erklärung“ zu bewegen, womit sie aber ihrem Glauben abschwören müsste. Die SS verspricht dafür die Freilassung aus dem KZ. So wie die meis- ten anderen unterschreibt auch M. J. nicht. Als Strafmaßnahme wird im Winter 1940/41 M. J. zusammen mit Glaubensschwestern bei eisiger Kälte auf dem Appellplatz mit Wasser übergossen und stehen gelassen. M. J. wird am 24. März 1942 von Ravensbrück mit einem der ersten Auschwitz-Transporte ins KZ-Ausschwitz/Birkenau überstellt. Die österreichi- schen Zeuginnen Jehovas Agnes Streyczek und Barbara Nahodil sind ebenfalls in diesem Transport. Dort kommt sie, wie auch Agnes Streyczek berichtet, mit einer Reihe anderer Glaubensschwestern in die Gaskammer. Alle stehen nackt da, nur mit einem Handtuch ge- schützt. Es fehlt nur noch der Befehl des Lagerleiters, um den Gashahn aufzudrehen. Doch nichts geschieht und alle kommen wieder in die Baracken zurück. Die Zeuginnen Jehovas erwerben sich bei der SS aufgrund ihrer unbeirrbaren Haltung und ihrer Zuverlässigkeit einen gewissen Respekt, zeigen aber auch keine Rachegefühle gegenüber ihren Peinigern. Aufgrund eines Erlasses Himmlers vom 6. Jänner 1943, werden sie deswegen auch immer öfter zu Arbeiten im Haushalt von SS-Führern herangezogen. M. J. wird morgens um 6 Uhr zu einer SS-Familie gebracht und am Abend geht es wieder zurück ins Lager. Mitte Jänner 1945 beginnt für M. J. in einer etwa 40 Zeuginnen Jehovas umfassenden Gruppe der Evaku- ierungstransport über die Konzentrationslager Groß Rosen, Mauthausen und Bergen-Belsen, wo sie am 7. Mai 1945 befreit wird. Während M. J. im KZ ist, lässt sich ihr Mann Johann von ihr scheiden und heiratet erneut. Davon erfährt M. J. erst nach ihrer Rückkehr. M. J. lebt nach der Rückkehr vom KZ in Fohnsdorf, Lorenzi 9. Aufgrund ihrer Scheidung ist sie völlig mittellos und kämpft ab Februar 1947 um eine Opferrente. Am 25. Juli 1958 wird ihr nach längerem Bemühen die Amtsbescheinigung ausgestellt. Sie heiratet nicht mehr und bleibt bis zu ihrem Tod am 13. März 1973 im 81. Lebensjahr eine praktizierende Zeu- gin Jehovas. Ihr Urteil vom 8. Jänner 1940 wird am 28. Februar 2008 auf Antrag der Glau- bensgemeinschaft der Zeugen Jehovas vom Landesgericht Graz aufgehoben.
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biografiA. Lexikon österreichischer Frauen, Band 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
biografiA.
Untertitel
Lexikon österreichischer Frauen
Band
2, I – O
Herausgeber
Ilse Korotin
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79590-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
1026
Kategorie
Lexika
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