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Jesenská | J 1495
der Cambridge University angeschlossenen Versuchsstation zugewiesen, wo sie Milch und
Kälber künstlich befruchteter Kühe zu untersuchen und mit solchen natürlich befruchteter
zu vergleichen hatte. 1945 erhielt sie die erste Nachricht von ihren Eltern, die die Nazizeit
nach Verhaftung, Freilassung und neuerlich bevorstehender Verhaftung des Vaters in einem
Versteck (Weinkeller eines Patienten in Klosterneuburg/Kierling) überlebt hatten. Anfang
1947 kehrte sie nach Wien zurück, während ihr Bruder in England blieb, wo er dank seiner
Gastfamilie eine zweite Heimat gefunden hatte und ein erfolgreicher Architekt wurde. R.
machte nach ihrer Rückkehr den vergeblichen Versuch, einen Privatkindergarten eröffnen
zu dürfen, und erhielt dann eine Anstellung als Kinder- und Jugendbibliothekarin, später
die Leitung der Bibliothek der American International School in Wien, die sie bis zu ihrem
Übertritt in den Ruhestand 1984 ausübte. Dort hielt sie auch Einführungsveranstaltungen
in research, d. h. in die Technik des wissenschaftlichen Arbeitens ab. Überdies wurde sie
in den Vorstand der Bibliotheken des European Council of International Schools gewählt.
Im BSA (Bund Sozialdemokratischer AkademikerInnen), dessen Gründungsmitglied ihr
Vater gewesen war, engagierte sich R. J. besonders in der Frauenarbeitsgemeinschaft, deren
Schriftführerin sie viele Jahre war, und gründete dort später eine Seniorenarbeitsgemein-
schaft. Auch betätigte sie sich an Schulen etc. als „Zeitzeugin“.
Qu.: Mitteilungen von R. J., Dokumente.
L.: Dokumentationsarchiv 1992, Dokumentationsarchiv 1993a, Stumpf-Fischer 2007
Edith Stumpf-Fischer
Jesenská Milena, A. X. Nessey, verh. Po(l)lak, Maria Kubesova; Journalistin,
Feuilletonistin, Übersetzerin und Widerstandskämpferin
Geb. Prag, Böhmen, (Praha, Tschechien), 10. 8. 1896
Gest. KZ Ravensbrück, Deutsches Reich (Deutschland), 17. 5. 1944
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Jan Jesenský, Zahnarzt, Ordinarius für Kieferchirurgie
an der Karls-Universität. Stammte aus einer alten, national gesinnten tschechischen Familie.
Mutter: Milena, geb. Hejzlarová, starb 1913. Tochter eines Landschulinspektors.
LebenspartnerInnen, Kinder: Heiratete am 16. März 1918 Ernst Po(l)lak (1886 –1947),
Fremdsprachenkorrespondent der Prager Filiale der Österreichischen Landesbank und
Mentor zahlreicher Schriftsteller. 1924 Trennung. 1927 Ehe mit Jaromir Krejcar (1895–
1950), Architekt; Lebensgefährte: Evgen Klinger. Tochter: Jana (Honza).
Ausbildungen: M. J. besuchte 1907–1915 das Prager Mädchengymnasium Minerva. Sie stu-
dierte nach Wunsch des Vaters, dem sie unter Widerwillen im Spital assistieren musste, zwei
Semester Medizin, wechselte dann jedoch zu Literaturwissenschaft und Publizistik.
Laufbahn: 1907 erkrankte ihre Mutter schwer. M. J. übernahm die Pflege. 1913 stirbt die
Mutter. M. J. wird, nach mehreren von ihr verursachten Skandalen, vom Vater in die Psych-
iatrie eingewiesen. Die Diagnose lautete: „psychisch krankhaftes Fehlen sittlicher Begriffe
und Gefühle“.
Nach ihrer Hochzeit mit Pollak lebte das Paar bis 1925 in der Wiener Lerchenfelderstraße
113. Die Ehe war unglücklich, da ihr Mann sie ständig betrog. Ihr mangelndes Deutsch und
die ärmlichen Umstände machten ihr den Aufenthalt in Wien nicht leicht. Aus Geldnöten
übernahm sie Gelegenheitsarbeiten als Haushaltshelferin, am Westbahnhof als Kofferträge-
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 2, I – O
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1026
- Kategorie
- Lexika