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Jörger | J 1517
Luthertum mitbeteiligt, da er zwei Jahre vor seinem Ableben seinen ältesten Sohn Chris-
toph an den sächsischen Hof im Rahmen einer sogenannten Kavalierstour, einer adeligen
Bildungsreise, entsandt hatte. Ein Glaubenswechsel war jedoch nicht intendiert, vielmehr
nach Christophs eigenem Bericht, hatten er und sein Begleiter, ein Herr von Wolfstein, den
starken Vorsatz, beim katholischen Glauben zu bleiben. Die Begegnung mit Luther führte
aber einen Gesinnungswechsel herbei, und in Christoph reifte der Wunsch, auch in seiner
Heimat das Reformationswerk durch die Berufung eines lutherischen Prädikanten in Gang
zu setzen. Bedingt durch den Tod des Vaters, kehrte Christoph 1524 in die Heimat zurück.
Der von Christoph erbetene Prädikant wurde von Martin Luther in der Person Michael
Stiefels († 1567) entsandt, der 1525 als erster Prädikant einer adeligen Familie in Öster-
reich auf Schloss Tollet bei Grießkirchen eintraf und die gesamte Familie Jörger, Verwandte
und Freunde für die Lehre Luthers gewann. D. J. trat dann auch, nachdem Michael Stiefel
Ende 1527 endgültig wieder nach Wittenberg entlassen werden musste, da er aufgrund der
Maßnahmen des Landesfürsten gegen die neue Lehre, seines Lebens nicht mehr sicher
war, in einen persönlichen Briefkontakt mit Martin Luther, der bis etwa eineinhalb Jahre
vor Luthers Tod dokumentiert ist; der erste Brief Martin Luthers an D. J. war mit 6. Jänner
1528 datiert, der letzte mit 5. September 1544. Insgesamt sind dreizehn Briefe bekannt, die
Luther an D. J. richtete, während nur fünf Briefe an Christoph Jörger überliefert sind. Es
ist aber wahrscheinlich, dass die Korrespondenz viel umfassender war, zumal die Kontakte
mit den Jörgern 1522 (Christoph Jörger in Wittenberg) einsetzen und innerhalb der Korre-
spondenz erhebliche Lücken nachweisbar sind. Abgesehen von den Briefen, die Luther an
seine Frau Katharina (Käthe) von Bora (1499 –1552) adressierte, ist von keiner anderen Frau
ein so intensiver Briefverkehr mit dem Reformator bekannt. 1996 wurde ein Originalbrief
Martin Luthers an D. J. (Brief vom 14. März 1528) im Stift Herzogenburg gefunden; der
Brief ist eines von drei Autographen Martin Luthers, die sich in Österreich befinden.
Nach Wolfgang Jörgers Tod hat D. nicht wieder geheiratet, sondern sich ganz ihrer Familie
gewidmet. Da Wolfgang anscheinend kein Testament hinterlassen hatte, war die Familie
mit dem Problem der Erbteilung konfrontiert. Zusammen mit ihren Söhnen führte sie die
Wirtschaftspolitik ihres verstorbenen Mannes fort, indem sie ihrem Besitz durch Kauf wei-
tere Güter hinzufügen konnten. Ihre kluge Wirtschaftsführung versetzte D. in die Lage, so
manche größere oder kleinere Summe Geldes zu erübrigen. Bei ihrem Tod belief sich das
vorhandene Bargeld auf rund 780 Gulden und an Aktivschulden waren rund 1760 Gulden
einzufordern.
D. blieb nach der Abreise von Michael Stifel mit ihm weiterhin in Kontakt und bedachte
ihn mit Spenden. Der Familie Luther übersandte sie nicht nur Geschenke, darunter drei
ungarische Goldgulden für Luthers Frau Katharina, sondern auch 500 Gulden zur Unter-
stützung für arme Theologiestudenten. Entgegen seiner damaligen eigenen Auffassung vom
Zinsnehmen wollte Martin Luther das Geld gegen Zins anlegen, D. jedoch wollte das Geld
unter den Studenten verteilt wissen. Besondere Zuwendungen erfuhr der Student Andreas,
den Luther in seinen Briefen ein einziges Mal mit dem Zunamen Hechel erwähnt. Er
fungierte auch als Postbote und Nachrichtenüberbringer zwischen Wittenberg und Tollet
bzw. Köppach, der sich zudem bei D. erholen durfte, da ihm das Klima in Wittenberg nicht
behagte. Bei ihm handelt es sich um den aus Salzburg stammenden Andreas Hügel, der
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Lexikon österreichischer Frauen, Band 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 2, I – O
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1026
- Kategorie
- Lexika