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Kapeller-Adler | K 1565
unglücklichen Mithäftlinge: Deportation am nächsten Morgen in das KZ Dachau. Die
Familie Adler intensivierte daraufhin die verzweifelte Suche nach einer Möglichkeit ins
Ausland zu fliehen.
Der Kapeller-Adler Schwangerschaftstest erwies sich für die Familie als lebensrettend.
Durch ihre international bekannte Forschungstätigkeit wurde R. K.-A. auf die Liste der
„Society for the Protection of Science and Learning“ (SPSL) gesetzt. Da Prof. F. A. E.
Crew, Vorstand vom Institute of Animal Genetics, Edinburgh University, das erste und
damals einzige Pregnancy Diagnosis Laboratory in Großbritannien führte, kannte er ih-
ren Histidin-Schwangerschaftstest und entschloss sich, R. K.-A., auf Empfehlung sowie
mit stipendialer Unterstützung der SPSL, einen Arbeitsplatz an seinem Institut anzubie-
ten. Gleichzeitig wurde Ernst Adler als einem von nur 50 österreichischen Ärzten gewährt
seinen Beruf zukünftig in Großbritannien auszuüben, nachdem die hierfür notwendigen
medizinischen Prüfungen erfolgreich bestanden waren. Nach Bewältigung vieler schwieri-
ger Amtswege in Wien und erst nachdem ein britisches Ehepaar, Napoleon und Henrietta
Ryder, sich großzügigerweise bereit erklärt hatten, für die ihr unbekannte Familie Adler zu
bürgen, konnte R. K.-A. mit Mann und Tochter Österreich verlassen. Sie erreichten Lon-
don am 27. 1. 1939 und reisten kurz darauf nach Edinburgh weiter.
Bereits im April 1939 hielt R. K.-A. einen Vortrag am Eleventh British Congress of Obs-
tetrics and Gynaecology in Edinburgh über ihren Schwangerschaftstest. Sie arbeitete von
Februar 1939 bis April 1940 am Institut von Prof. Crew und fand für ihre erfolgreichen
Forschungen über Histidin in normaler und toxämischer Schwangerschaft höchste Aner-
kennung unter den britischen Gynäkologen und Biochemikern. Im Juli 1941 erhielt R. K.-
A. für diese Forschungsstudien die Auszeichnung ‚Doctor of Science‘ von der Universität
Edinburgh verliehen. Die berühmte Genetikerin Charlotte Auerbach F. R. S., die ihre Stelle
als Lehrerin in Berlin aus rassischen Gründen 1933 verloren hatte und damals von Crew in
sein Institut aufgenommen wurde um ihr Doktorat zu beenden, blieb durch den Bund ihrer
ähnlichen Erfahrungen eine lebenslange Freundin von R. K.-A.
Nach der deutschen Besetzung Norwegens wurde Ernst Adler im Mai 1940 − sowie fast
alle männlichen „refugees“ aus Deutschland und Österreich − als „enemy alien“ auf der
Isle of Man interniert. Nach seiner Freilassung September 1940 konnte Ernst Adler sich
wieder seinem Studium widmen, legte 1942 die erforderlichen medizinischen Prüfungen
(M.R.C.S., L.R.C.P. London) erfolgreich ab und eröffnete 1943 seine Praxis in Edinburgh.
R. K.-A. durfte während der Internierung ihres Mannes, obwohl fast alle anderen Emigran-
tinnen die Ostküste Großbritanniens verlassen mussten, mit Sondergenehmigung aufgrund
der Wichtigkeit ihrer Forschungsarbeit, in Edinburgh bleiben. Sie war von Mai 1940 –1944
am Biochemical Laboratory (Vorstand: Dr. C. P. Stewart), Royal Infirmary, Edinburgh, tätig.
Eine Einladung 1944 am Dept. of Obstetrics and Gynaecology (Vorstand: Prof. J. Chassar
Moir) der Universität Oxford zu arbeiten, schlug R. K.-A. zugunsten der Karriereperspek-
tiven ihres Mannes aus, der im Begriff war seine Praxis aufzubauen.
R. K.-A. wurde von Prof. Sir John Gaddum eingeladen ab September 1944 am Dept. of
Pharmacology der Universität Edinburgh ihre Forschungsarbeit auf dem Gebiet Histidin-
und Histaminstoffwechsel, sowie Histaminaseaktivität in der normalen und toxämischen
Schwangerschaft fortzuführen.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 2, I – O
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1026
- Kategorie
- Lexika