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Kiesewetter1638
zurückhaltender agiert, so wäre der Magistrat möglicherweise auf den von ihr vorgeschlagenen
Zahlungsaufschub eingegangen, oder aber sie hätte ohne ihre Hartnäckigkeit alles verloren. In-
teressant ist, dass sich ihr Mann während des ganzen Streits im Hintergrund hält und sich kein
einziges Mal zu Wort meldet. Anzunehmen ist, dass er nicht gerade ein Vorbild seiner Zunft
war und sein Meisterrecht nur durch Heirat erhalten hat, während Frau K. selbst schon länger
das Fleischergewerbe betrieben hat und daher mehr Routine besitzt. Diese Vermutungen sind
nicht nachweisbar, doch ihre Versuche, dem Mann alle Schuld an der Misere aufzubürden,
sowie der Kampf um ihre Rechte zeigen, dass sie eher die leitende Position einnahm, anstatt
nur als Vertretung ihres Mannes zu agieren. Während sie durch ihre Aktivitäten als eine beein-
druckende Persönlichkeit erscheint, wird sie in den Akten als „lästiges, stures Frauenzimmer“
beschrieben. Ihre Verlassenschaftsabhandlung bringt etwas Licht in ihre Vergangenheit und
bestätigt die Vermutung, dass Frau K. schon länger in diesem Gewerbe tätig war. Ihr erster
Mann war ebenfalls Fleischhacker, als Witwe ermöglichte sie Johann Kierer, durch Heirat das
Meisterrecht zu erlangen. In einem Punkt der Verlassenschaft scheint auf, dass er ihr für die
Überlassung ihres Gewerbes 4.000 fl. zahlen musste. Ihr Vermögen war ziemlich umfangreich,
weswegen sie ein Testament mit reichhaltigen Stiftungen hinterlassen konnte. Ihr Sohn Adam
Dobler erhielt 1.200 fl., ebenso ihr Mann Johann und die Tochter Maria Anna. Der Jüngste,
Anton Kierer, erbte 3.200 fl., weil er noch nichts von der Mutter bekommen hatte. Die Tochter
Theresia erhielt keinen Anteil, da sie schon genug bekommen hatte. Johann Kierer setzte sie als
Universalerben ein. Frau K. konnte nicht nur ihr Haus behalten, sie rettete auch ihr Vermögen
aus dem früheren Schuldnerstreit, was auf ihre Willensstärke und Durchsetzungskraft verweist.
Qu.: WStLa, Alte Registratur. Berichte vom 29. Dezember 1773 und 1. März 1774. WStLa,
Alte Ziviljustiz. Verlassenschaftsabhandlung vom 30. März 1777.
L.: Kretschmer 2000 Sigrid Kretschmer
Kiesewetter von Wiesenbrunn Irene, verh. Prokesch von Osten; Pianistin
Geb. Wien, 27. 3. 1811
Gest. Graz, Stmk., 7. 7. 1872
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Raphael Georg Kiesewetter von Wiesenbrunn
(1773 –1850), Musikhistoriker; Mutter: Jacobine, geb. Cavallo († 1846); Bruder: Karl († 1854),
Hofkammerrat in Wien.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1832 Heirat mit dem Diplomaten Anton v. Prokesch-Osten
(1795–1876), den sie 1830 bei einem Hauskonzert mit Alter Musik kennen gelernt hatte.
Aus der Ehe gingen drei Söhne und eine Tochter hervor, von denen nur der älteste Sohn,
Anton P.-O., k. k. Major, verheiratet mit der Schauspielerin Friederike Goßmann (1837–
1906) und die Tochter Irene (1841–1898), verheiratet mit dem k. k. Legationsrath Freiherr
von Reyer, die Eltern überlebten.
Laufbahn: Im Hause ihrer Eltern wurden vier bis sechs Konzerte pro Jahr veranstaltet, die vor
allem für die Schubert-Pflege von Bedeutung waren. I. K. erregte im Rahmen der Hauskonzerte
mit ihrem Klavierspiel großes Aufsehen. Der 14-jährigen, die Schubert manches Mal begleitete,
widmete der Komponist eine Kantate. Mit dem Pianisten Johann Baptist Jenger spielte sie
vierhändig Werke Schuberts sowie Beethovens Orchesterwerke. Als I. K. nach einer schweren
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Band 2, I – O
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- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 2, I – O
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1026
- Kategorie
- Lexika