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Königsegg1738
Barmherzigen Schwestern des hl. Vinzenz von Paul ein. ihre Probezeit verbrachte sie m
St. Josef-Spital in Paris. Anschließend wurde sie an das Allgemeine Spital in Angers ver-
setzt, wo sie ihr Krankenpflegerinnendiplom erwarb. 1906 legte sie ihre Gelübde ab. Nach
Ausbruch des Ersten Weltkrieges musste sie als Deutsche Frankreich verlassen und ging
nach Italien, wo sie im Krankenpflegedienst in Turin und Siena wirkte. Im Herbst 1925
wurde A. B. v. K. entgegen ihrem Wunsch, als Missionarin nach China zu gehen, zur Vi-
sitatorin der Provinz Salzburg bestellt. Mit ihrem Wirken ist ein Aufschwung der dortigen
Kongregation verbunden. Unter ihrer Ägide wurden die Einrichtungen auf dem Gebiet der
Krankenpflege und der Armenfürsorge erweitert. Die von ihr initiierten Ausbildungskurse
am Landeskrankenhaus in Salzburg wurden zu einer Krankenpflegeschule ausgebaut, an
welcher das staatliche Diplom erworben werden konnte.
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Österreich stieß auf die entschiedene
Gegnerschaft A. B. v. K.s. Die bald darauf einsetzenden Maßnahmen gegen kirchliche
Einrichtungen im Erziehungs- und Gesundheitswesen brachten sie bald in offenen Kon-
flikt mit den Behörden. Durch Schreiben an die verantwortlichen Stellen protestierte sie
gegen die Übernahme ordenseigener Kindergärten und Schulen sowie die Verdrängung
der geistlichen Schwestern aus dem Spitalsdienst. In zahlreichen Rundschreiben gab sie
den Ordensschwestern detaillierte Verhaltensmaßregeln im Umgang mit den nationalso-
zialistischen Behörden an die Hand, die nicht nur von großem Verantwortungsgefühl ih-
ren Untergebenen gegenüber, sondern auch von taktischem Geschick zeugen. Sie sollten
den Schwestern ein konsequentes, ihrem Glauben entsprechendes öffentliches Auftreten
ermöglichen, zugleich aber deren persönliches Risiko möglichst gering halten. Als nach
dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in Österreich
(1. 1. 1940) am Landeskrankenhaus Salzburg verstärkt Zwangssterilisierungen durchge-
führt wurden, wies A. B. v. K. die dort beschäftigten Barmherzigen Schwestern an, nicht
an diesen Operationen mitzuwirken. Im August 1940 erhielt die Leitung der von den
Barmherzigen Schwestern betriebenen Pflegeanstalt Schernberg ein Schreiben, in dem
die Verlegung einer Anzahl von behinderten Pfleglingen angekündigt wurde. A. B. v. K.,
die den Sinn dieser Maßnahme klar erkannt hatte, wandte sich mit einem Brief an Gau-
leiter Friedrich Rainer, in dem sie bat, davon Abstand zu nehmen. Sie sprach unmissver-
ständlich an, dass es ein offenes Geheimnis sei, welches Los diese Patienten erwartete. Im
Fall eines Abtransports, so stellte sie unmissverständlich klar, könne nicht mit der Mit-
hilfe der Schwestern gerechnet werden. A. B. v. K. vertrat damit dieselbe Position wie die
Fuldaer Bischofskonferenz vom August 1940, die die Euthanasie verurteilt und ein Verbot
der aktiven Mitwirkung katholischer Pflegeanstalten ausgesprochen hatte. Die couragier-
te Visitatorin wurde daraufhin am 17. September 1940 verhaftet und verbrachte elf Tage
in Gestapohaft. Wenige Monate später wandte sich A. B. K. erneut an Gauleiter Rainer,
um die geplante Verlegung behinderter Kinder aus der Anstalt Mariathal bei Kramsach
zu verhindern. Nachdem bekannt wurde, dass im April 1941 der Abtransport der Schern-
berger Patienten bevorstand, kündigte sie in einem weiteren Schreiben an, dass sie den
Schwestern verbieten müsse, an einer derartigen Aktion mitzuwirken. Am 16. April 1941
wurde A. B. v. K. abermals inhaftiert. Wenige Tage später fand der Abtransport der Patien-
ten aus Schernberg in die Vernichtungsanstalt Hartheim statt, wobei die Schwestern nach
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Lexikon österreichischer Frauen, Band 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- biografiA.
- Untertitel
- Lexikon österreichischer Frauen
- Band
- 2, I – O
- Herausgeber
- Ilse Korotin
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1026
- Kategorie
- Lexika